Für alle gibt es die Überbrückungsrente allerdings nicht: Berechtigt ist nur, wer zuvor «in erheblichem Umfang» erwerbstätig war und nur wenig Vermögen hat. Konkret sind folgende Voraussetzungen notwendig:
- Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung (ALV) nach dem vollendeten 60. Altersjahr. Das umfasst all jene Leute, die mit 58 Jahren oder später ihre Stelle verloren und dann 22 Monaten Arbeitslosengeld erhalten haben.
- Anspruchsberechtigt ist nur, wer mindestens 20 Jahre AHV-Beiträge bezahlt hat – und zwar auf ein minimales Einkommen von 21'300 Franken im Jahr. Das soll die Einwanderung ins System verhindern. So bekäme ein Deutscher, der mit 57 in die Schweiz einwandert, mit 59 die Stelle verliert und dann bis 61 Arbeitslosengeld erhält, keine Überbrückungsrente.
- Das Minimaleinkommen von 21'330 Franken muss in den 15 Jahren unmittelbar vor der Aussteuerung während mindestens 10 Jahren erzielt worden sein.
- Das Vermögen muss kleiner sein als 100'000 Franken, respektive 200'000 Franken bei Ehepaaren. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht berücksichtigt, hingegen Einkäufe in die berufliche Vorsorge, die Rückzahlung von Vorbezügen aus der beruflichen Vorsorge oder von Hypotheken, wenn sie innerhalb von drei Jahren vor der Aussteuerung getätigt worden sind. Damit soll verhindert werden, dass Vermögenswerte verschoben werden, um die Vermögensschwelle zu unterschreiten. Auch das Ersparte aus der privaten Vorsorge (Säule 3a) wird zum Vermögen gezählt.
- Anspruchsberechtigt ist nur, wer keine IV-Rente erhält und auch seine AHV nicht vorbezieht.
Damit will der Bundesrat dem Umstand Rechnung tragen, dass Menschen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, grössere Schwierigkeiten haben, erneut einen Job zu finden.
Fatale Spirale bei spätem Jobverlust
Das kann eine fatale Spirale in Gang setzen: Wer keine neue Stelle findet und ausgesteuert wird, muss sein Vermögen aufbrauchen, die AHV-Rente vorbeziehen und häufig auch Altersguthaben aus der zweiten und der dritten Säule antasten, bevor er schliesslich Sozialhilfe erhält.
Und das sind immer mehr Leute: Die Sozialhilfequote der 60- bis 64-Jährigen ist von 2011 bis 2017 um 47 Prozent gestiegen, mehr als in allen anderen Alterskategorien. Der Bundesrat geht davon aus, dass etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine Überbrückungsrente haben, wie Sozialminister Alain Berset (47) sagte: «Es geht nicht um viele Leute. Aber für die, die es betrifft, ist es dramatisch.»
Es gibt höchstens 58'350 Franken
Berechnet wird die Übergangsrente wie die Ergänzungsleistungen (EL). Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Es gibt allerdings zwei Abweichungen zu den EL:
- Die Pauschale für den allgemeinen Lebensbedarf wird um 25 Prozent heraufgesetzt. Das sind aktuell 24'310 Franken, respektive 36'470 Franken für Ehepaare. Mit dem Zuschlag werden die Krankheits- und Behinderungskosten abgegolten, die bei den EL separat vergütet werden.
- Die Überbrückungsleistung beträgt maximal 58'350 Franken, respektive 87'525 Franken für Ehepaare. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, weiterhin nach Arbeit zu suchen.
Auch für Jüngere sieht das Paket des Bundesrats Massnahmen vor: etwa kostenlose Standortbestimmungen, Potenzialanalysen und Laufbahnberatung für Erwachsene über 40 und zusätzliche Integrationsmassnahmen wie Coaching, Beratung und Mentoring
Kosten und Finanzierung.
Der Bund muss tief in die Tasche greifen
Die Kosten, die vom Bund getragen werden, belaufen sich auf 30 Millionen Franken im Jahr 2021, steigen in den Folgejahren und betragen 230 Millionen im Jahr 2030. Dem stehen jedoch Einsparungen bei den EL von zu Beginn 20 Millionen, später von mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber. Kantone und Gemeinden profitieren zudem von Einsparungen bei der Sozialhilfe.
Politischer Schachzug
Und nicht zuletzt steckt auch ein politischer Schachzug hinter dem Paket: Es soll helfen, die Kündigungs-Initiative der SVP zu bodigen. Daraus machte Berset auch gar keinen Hehl. Es gebe einen «klaren inhaltlichen Zusammenhang»: «Wir nehmen mit dem Massnahmenpaket auch ein Unbehagen in der Bevölkerung wegen der Personenfreizügigkeit auf.»
Genau dieser Zusammenhang sorgt nun auch dafür, dass die Überbrückungsrente im Schnellzug-Tempo beraten wird: Schon in sechs Wochen soll der Ständerat darüber befinden, im Frühling dann der Nationalrat. Was in den vorberatenden Kommissionen höchstens für eine Schnellbleiche reicht. Doch die Zeit drängt: Denn auch wenn der Bundesrat den Abstimmungstermin für die SVP-Initiative offiziell noch nicht festgelegt hat – am liebsten wäre ihm der 17. Mai. Denn danach könnte man endlich mit dem Rahmenabkommen weiterfahren.