So ungerecht sind die Kantone bei Prämienverbilligungen
Tessiner Familien kriegen 40-mal mehr

Die Entlastung von den Krankenkassenprämien gleicht einer Wohnort-Lotterie. Wer Prämienverbilligungen erhält, ist von Kanton zu Kanton verschieden. Auch die Höhe der Zuwendungen schwankt enorm.
Publiziert: 29.01.2019 um 17:42 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2019 um 18:29 Uhr
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Im Tessin profitieren Familien am stärksten von Prämienverbilligungen. Es kann bis zu 10'000 Franken im Jahr geben.
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Sermîn FakiPolitikchefin

Die steigenden Krankenkassenprämien betreffen alle Schweizerinnen und Schweizer gleichermassen – egal, ob sie im Aargau wohnen, in Neuenburg oder im Tessin. Doch nicht überall bekämpft der Staat diese Last gleichermassen.

Unterschiedlich hohe Hürden

Zum einen sind die Voraussetzungen, die zum Bezug der Prämienverbilligungen berechtigen, sehr unterschiedlich. Das bemängelt auch das Bundesgericht in seinem Urteil zur Situation im Kanton Luzern, das derzeit für grossen Wirbel sorgt. Der Innerschweizer Kanton hatte 2017 festgelegt, dass nur noch Familien mit einem Einkommen unter 54'000 Franken Prämienverbilligungen bekommen (Blick berichtete). Eine Grenze, die deutlich zu tief ist, so das Verdikt der Lausanner Richter.

Andere Kantone sind grosszügiger. So kann eine Familie mit zwei Kleinkindern in Graubünden ein Bruttoeinkommen von fast 150'000 Franken haben und bekommt noch Verbilligungen. Weitere neun Kantone lassen gemäss einer Statistik des Bundes Haushaltseinkommen von über 100'000 Franken zu. Viel strenger ist Appenzell Innerrhoden: Dort liegt die Limite satte 30'000 Franken tiefer.

Im Tessin gibts 40-mal mehr Geld

Doch die Kantone unterscheiden sich nicht nur darin, wem sie Prämienverbilligungen auszahlen. Sondern auch darin, wie grosszügig sie dabei sind. Während ein Bezüger 2017 in Basel-Stadt im Durchschnitt 3572 Franken Verbilligung pro Jahr erhielt, war es in Bern gerade einmal ein Drittel davon: 1263 Franken.

Noch krasser sind die Unterschiede, wenn man sich die einzelnen Haushaltsformen anschaut: Eine Familie mit zwei kleinen Kindern und einem jährlichen Bruttoeinkommen von 70'000 Franken erhält im Kanton Appenzell Innerrhoden gerade einmal 181 Franken – im Tessin sind es mit 7458 Franken unglaubliche 40-mal so viel! Das Tessin ist ohnehin sehr kinderfreundlich: Auch Familien mit vier Kindern sowie mit älteren Kindern in Ausbildung greift die Südschweiz im kantonalen Vergleich am meisten unter die Arme. 

Viel Entlastung, trotzdem viele Kosten

Während die Prämienverbilligungen im Tessin, in Zug und Graubünden für die Berechtigten einen echte Entlastung darstellen, kommt den Verbilligungen im Appenzellerland und in Walliser Tälern eher symbolische Bedeutung zu. Allerdings: Allein der Fakt, dass die Prämienverbilligung hilft, heisst noch nicht, dass damit die Sorgen vom Tisch sind.

Das zeigt etwa das Beispiel von Basel-Stadt. Im Halbkanton erhält fast jeder Dritte eine Verbilligung – und keine knappe. Dennoch bleibt die Prämienbelastung ein grosses Problem: Selbst nach Verbilligung fressen die Krankenkassenprämien 17 Prozent des Haushaltseinkommens. Im «knausrigen» Innerrhoden sind es mit 13 Prozent deutlich weniger.

Die Vorbild-Kantone hingegen schaffen es, ihre Einwohner wirklich zu entlasten: Wer in Zug Prämienverbilligungen bekommt, wendet nur noch sieben Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien auf, in Graubünden sind es neun Prozent.

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