Sie wollte in der Schweiz Asyl, weil sie ohne Kopftuch Fussball gespielt hat
Shiva Amini (28) nach Italien ausgewiesen

Weil sie in Zürich ohne Kopftuch kickte, konnte die Fussballerin Shiva Amini nicht in den Iran zurück. Sie bat die Schweiz um Asyl – und wurde abgewiesen.
Publiziert: 24.05.2018 um 11:38 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:17 Uhr
1/4
Shiva Amini stellte im Herbst 2017 ein Asylgesuch in der Schweiz. Sie schlüpft noch einmal in ihr Sport-Outfit, um ein paar Bälle zu kicken – ohne Kopftuch. Wegen der Kälte trägt sie keine Shorts, sondern lange Trainerhosen.
Foto: Sina Albisetti
Roman Rey

Am Valentinstag klicken die Handschellen: Shiva Amini (28) wird ohne Vorwarnung im Migrationsamt Zürich verhaftet. Tags darauf steckt sie die Polizei ins Ausschaffungsgefängnis. Drei Wochen bleibt die iranische Fussballerin hinter Gittern, bevor sie am 8. März wieder auf freien Fuss kommt. Das Verwaltungsgericht Zürich hat die Haft nach einer Beschwerde als unrechtmässig taxiert und ihre sofortige Entlassung angeordnet.

Doch der Traum, in der Schweiz ein neues Leben aufbauen zu können, bleibt in weiter Ferne. Auf Aminis Antrag auf Asyl wurde im Dezember nicht eingegangen, weil Italien zuständig sei, begründete das Staatssekretariat für Migration. Daraufhin hat sie alles versucht, um doch noch bleiben zu dürfen: Beschwerde, Wiedererwägungsgesuch, Härtefallgesuch, Gesuch um Erteilung einer Arbeitsbewilligung. Alles abgeschmettert.

Schweren Herzens verlässt die Fussballerin die Schweiz, wie ihr Anwalt Urs Bertschinger gegenüber BLICK bestätigt: «Shiva Amini ist am 23. April freiwillig nach Italien ausgereist.»

Ohne Kopftuch gekickt – Skandal im Iran

Das Drama begann vor gut einem Jahr: Die iranische Ex-Nationalspielerin spielte im März 2017 in Zürich Fussball – ohne Kopftuch und in kurzen Hosen. Die Aufnahmen des Plauschkicks fanden einen Weg von ihrem privaten Instagram-Konto ins Internet. Seither muss sie in ihrer Heimat politische Verfolgung befürchten. «Ich würde am Flughafen festgenommen und ins Gefängnis gesteckt werden», sagte sie im Dezember zu BLICK.

Der Fall löste ein internationales Medienecho aus, auf mehreren Plattformen äusserte sich Amini kritisch über ihre Regierung. Selbst der offizielle Auslandssender der USA berichtet auf Persisch über den Fall. So sei sie ins Visier der iranischen Sittenwächter geraten, vermutet Amini.

Nach einem BLICK-Bericht im Dezember folgte ein Hoffnungsschimmer: Mehrere Fussballteams meldeten sich bei ihr. Im Januar durfte sie sogar ein Probetraining bei den FCZ-Frauen absolvieren. Aber keiner dieser Vereine konnte und durfte ihr einen Vertrag anbieten – eine Arbeits- und somit Aufenthaltsbewilligung gibt es nach einem abgelehnten Asylantrag nicht.

Hoffnung auf eine Rückkehr in die Schweiz

Heute ist Amini in einer Asylunterkunft in Genua. Ihr Anwalt Urs Bertschinger, der mit seiner Mandantin regelmässig in Kontakt steht, sagt: «Frau Amini hat in der Schweiz intensive Integrationsbemühungen gezeigt. Ich hoffe, dass sie wieder zurückkehren kann.»

Sollte sie in Italien eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, ist das tatsächlich möglich. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hatte zwar ein dreijähriges Einreiseverbot ausgesprochen – musste dieses aber auf Geheiss des Verwaltungsgerichts Zürich wieder aufheben.

Die Sportlerin versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. «Jetzt will ich in Italien spielen», sagt sie zu BLICK. Doch was passiert ist, schmerzt sie immer noch. «Ich spielte Fussball, trainierte Junioren und ich habe viele Freunde in der Schweiz. Trotzdem haben sie mich ausgewiesen», sagt Amini. «Ich bin wirklich traurig.»

Fehler gefunden? Jetzt melden