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Sie wollen aber gar nicht hier bleiben
Immer mehr Nigerianer kommen in die Schweiz

Bei der illegalen Migration in die Schweiz besetzen die Nigerianer den Spitzenrang. Die meisten wollen aber gar nicht hier bleiben, sondern weiter nach Deutschland.
Publiziert: 15.08.2019 um 19:36 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2019 um 15:20 Uhr
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Das Grenzwachtkorps hat bis Ende Juli ĂŒber 7000 illegale Migranten aufgegriffen – fast jeder FĂŒnfte stammte aus Nigeria.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Die Nigerianer zieht es in den Norden! Deutschland verzeichnet dieses Jahr einen starken Anstieg an nigerianischen Asylgesuchen. Allein bis Ende Juli registrierte das deutsche Bundesamt fĂŒr Migration und FlĂŒchtlinge fast 8000 AsylantrĂ€ge – Nigeria folgt dabei bereits auf Platz drei hinter Syrien und Irak. 

Schweiz als Transitland

Das bekommt auch die Schweiz zu spĂŒren: Bei den illegalen Migranten fĂŒhrt Nigeria die Rangliste des Grenzwachtkorps mit bisher 1405 von 7608 Aufgriffen unbestritten an – mit deutlichem Abstand folgt Albanien auf Platz zwei. Zwar schafften es die Nigerianer schon letztes Jahr mit 2400 Aufgriffen auf den Spitzenrang. Der Anteil ist aber nochmals gestiegen: Stammte letztes Jahr jeder siebte Illegale aus Nigeria, ist es nun schon fast jeder fĂŒnfte.

Der Nigeria-Express von Italien nach Deutschland fĂŒhrt damit durch die Schweiz. Denn bleiben wollen die wenigsten: Letztes Jahr stellten nur gerade rund 500 Nigerianer hierzulande ein Asylgesuch. Bis im Juni dieses Jahres waren es sogar nur 233. Die Schweiz ist damit mehr Transitland denn Zielland.

Das zeigt sich fast landesweit: Zwar wurde der Grossteil der Nigerianer bereits an der SĂŒdgrenze gestoppt. Doch auch in der Grenzwachtregion I – zu welcher etwa die Kantone Bern und Basel-Stadt zĂ€hlen – fĂŒhren sie die Rangliste mit bisher 280 Aufgriffen an.

Die Betroffenen werden meist auf ihrer Reise nach Frankreich oder eben Deutschland geschnappt. Nicht ohne Grund: «Der grösste Teil der Migranten versucht die Schweiz von SĂŒden nach Norden zu queren», sagt David Marquis von der Eidgenössischen Zollverwaltung, der die Grenzwache angegliedert ist. «In der Grenzwachtregion I finden durch die beiden Bahnposten in Bern und Basel relativ viele Bahnkontrollen statt, bei denen immer wieder rechtswidrige Aufenthalter festgestellt werden.»

Zehntausende Nigerianer in Italien

Das Potenzial bleibt weiterhin hoch. Zwar zĂ€hlte Italien aufgrund der restriktiven Politik der populistischen Regierung in diesem Jahr bisher insgesamt nur einige Tausend Anlandungen von FlĂŒchtlingen. Doch von 2015 bis 2017 gelangten laut Staatssekretariat fĂŒr Migration (SEM) rund 90'000 nigerianische Staatsangehörige ĂŒber das zentrale Mittelmeer nach Italien.

WÀhrend Migranten aus anderen afrikanischen Staaten wie etwa Eritrea vergleichsweise rasch aus Italien weiterwanderten, blieb ein nicht unerheblicher Teil der Nigerianer vorlÀufig in Italien. «Ein Teil dieser Nigerianer wandert seither weiter, primÀr in Richtung Deutschland oder Frankreich», so das SEM.

Der Zustrom war gar Thema im deutschen Bundestag. Die rechte AfD befĂŒrchtet nĂ€mlich, dass sich mit den Asylsuchenden auch die «nigerianische Mafia» in Deutschland ausbreitet, und verlangt schĂ€rfere Grenzkontrollen und konsequente Abschiebungen. 

Nigeria ist ein Krisenherd

Klar ist: Viele Nigerianer flĂŒchten auf der Suche nach einem besseren Leben oder nach Sicherheit aus ihrem Land. Im SĂŒden kĂ€mpfen Rebellengruppen und Separatisten gegen das MilitĂ€r. Im Norden ist die islamistische Terrorgruppe Boko Haram zwar technisch besiegt, aber immer noch aktiv. Hinzu kommen Gewalt durch BandenkriminalitĂ€t oder Konflikte zwischen Bauern und Nomaden. Allein innerhalb Nigerias schĂ€tzt die Uno die Zahl der FlĂŒchtlinge auf zwei Millionen. 

Trotzdem gehen die Behörden davon aus, dass die meisten Nigerianer innerhalb ihres Landes Schutz finden können. AsylantrĂ€ge sind in Deutschland wie auch in der Schweiz oft chancenlos. So betrug die Schutzquote letztes Jahr hierzulande nur gut sieben Prozent, die Anerkennungsquote als FlĂŒchtling gar nur ein Prozent. 

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