Schweiz unterzeichnet Migrationspakt vorerst nicht – dafür steht sie dem ebenso brisanten Flüchtlingspakt positiv gegenüber
Das nächste Bürokratie-Monster ist schon da

Parallel zum Migrationspakt hat die Uno ein ebenso brisantes Dokument erarbeitet: den Flüchtlingspakt. Die Schweiz signalisierte bereits Zustimmung – und wird im Parlament erneut für hitzige Diskussionen sorgen.
Publiziert: 22.11.2018 um 02:05 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2018 um 08:01 Uhr
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68,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht – darunter die in Burma vertriebenen Rohingya in Bangladesh.
Foto: Keystone
Lea Hartmann und Nico Menzato

Die Schweiz bleibt der Konferenz zum Uno-Migrationspakt Mitte Dezember in Marokko fern. Eine Zustimmung zu einem späteren Zeitpunkt schloss der Bundesrat nicht aus, er wolle aber den Ausgang der parlamentarischen Debatte abwarten, bevor er endgültig dazu Stellung nehme.

Die Kritik am Pakt ist im Parlament in den letzten Wochen stetig gestiegen. Der Ständerat wird nun am 29. November und der Nationalrat am 6. Dezember erstmals darüber befinden. Ein endgültiger Entscheid dürfte erst in der Frühlingssession fallen.

Nicht einmal Aussenpolitiker wissen vom Flüchtlingspakt

Derweil sorgt ein zweiter, ähnlicher Pakt für internationalen Wirbel: der Flüchtlingspakt. In der Schweiz jedoch wurde er bislang nicht diskutiert; nicht einmal Aussenpolitiker wissen von dem Dokument, das in der Uno parallel zum Migrationspakt verhandelt wurde. «In den Kommissionen haben wir stundenlang über den Migrationspakt geredet – auch mit den Bundesräten Ignazio Cassis und Simonetta Sommaruga. Keiner von beiden hat je etwas davon gesagt, dass es noch einen zweiten Pakt gibt», ärgert sich SVP-Nationalrat Thomas Burgherr (56).

Erst durch die Diskussionen im Ausland habe er von dem Papier erfahren. Selbst die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission, Elisabeth Schneider-Schneiter (54, CVP), kennt den Inhalt des Pakts nicht, wie sie sagt.

Während sich der Migrationspakt in erster Linie um Arbeitsmigranten kümmert, geht es im Flüchtlingspakt, der in Genf verhandelt wurde, nur um die vor Krieg und Gewalt Geflohenen. Laut Uno-Angaben sind derzeit 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie nie zuvor.

Unterstützung für arme Aufnahmeländer

Die 24-seitige Vereinbarung ist zwar ebenso schwammig formuliert wie der Migrationspakt. Aber auch sie enthält klare Forderungen. Die zentrale ist eine bessere Verteilung der Lasten und der Verantwortung unter den Staaten. Die Flüchtlinge selbst, aber auch die Aufnahmeländer sollen stärker unterstützt werden. Von der Registrierung der Flüchtlinge ist im Text die Rede, ebenso von der Unterstützung in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Arbeit.

Dabei werden vier Ziele formuliert: den Druck auf die Aufnahmeländer mindern, die Eigenständigkeit von Flüchtlingen erhöhen, sogenannte «Drittstaatenlösungen» wie Umsiedlungsprogramme fördern und die Situation in den Herkunftsländern verbessern, damit eine Rückkehr der Flüchtlinge möglich ist.

Um die Ziele zu erreichen, soll jeder Staat finanzielle, materielle oder technische Hilfe zusichern. Konkrete Zusagen sollen nächstes Jahr an einem Flüchtlingsforum gemacht werden. Anschliessend wird alle vier Jahre überprüft, ob die Ziele und Zusagen erfüllt werden.

Wieso stimmte die Schweiz nicht ab?

Wie der Migrationspakt hält auch der Flüchtlingspakt explizit fest, dass er nicht rechtlich bindend ist. Mit der Unterzeichnung signalisieren Staaten aber den politischen Willen, sich an die Vorgaben zu halten. Noch in diesem Jahr soll die Uno-Vollversammlung darüber befinden. Eine erste wichtige Hürde hat der Flüchtlingspakt bereits genommen: Ein Ausschuss der Uno hat ihn letzte Woche mit 176 Ja-Stimmen deutlich angenommen. Nur die USA war dagegen.

Und die Schweiz? Diese fehlte an der Abstimmung, wie das Abstimmungsprotokoll zeigt. «Die Schweiz hat sich zu diesem Geschäft noch nicht positioniert. Die internen Arbeiten laufen», teilte das Aussendepartement EDA gestern Abend auf BLICK-Anfrage mit.

Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Die Schweizer Uno-Delegation signalisierte bereits deutlich, dass sie dem Pakt zustimmen will. Man werde «keine Mühen scheuen», dass die im Pakt formulierten Ziele Realität würden, heisst es in einem Brief von Juli. Zwar sei nicht alles so formuliert worden, wie man es sich gewünscht hatte. Es handle sich aber um einen «akzeptablen Kompromiss».

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