Schweiz testet Kampfjets für 30 Mio Fr
Viel Lärm um viel Geld

Zehn Millionen Franken gibt der Bund für die Evaluation der fünf Kampfjets aus. Dazu kommen – was bisher unbekannt war – bis zu 20 Millionen Franken zulasten der Hersteller. Viel Geld für Tests, welche Sicherheitsexperten und Politiker hinterfragen.
Publiziert: 28.03.2019 um 23:19 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2019 um 13:56 Uhr
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Ab 8. April testen das Verteidigungsdepartement von Viola Amherd und Armasuisse die fünf Kampfjet-Typen, die für die Schweiz in Frage kommen.
Foto: Keystone
Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

Ab 8. April testet die Rüstungsbeschafferin Armasuisse die fünf Kampfflugzeug-Kandidaten je zwei Wochen lang – am Boden sowie an vier Flugtagen in der Luft.

Der Aufwand dafür ist enorm: Alle Hersteller schicken ein Heer von Mitarbeitern nach Payerne VD. Denn Betrieb und Wartung sind während der Testtage viel anspruchsvoller als normal. Einzelne bringen zudem ein Begleitflugzeug mit. So kommt zum Gripen-E-Testflugzeug ein Gripen der schwedischen Luftwaffe in die Schweiz. Die Jets sind mit Test- und Messgeräten versehen, für die Auswertung braucht es diverse Spezialisten. Weiter ist Personal für Logistik, Sicherheit und Papierarbeit nötig. Und alles muss versichert sein.

Bis zu vier Millionen pro Hersteller für zwei Wochen

Das hat seinen Preis. «Die genauen Kosten sind Sache der Hersteller beziehungsweise der Anbieternationen», sagt Airbus-Sprecher Florian Taitsch auf Anfrage. Zwei Anbieter nennen hinter vorgehaltener Hand Vollkosten: bis zu vier Millionen Franken pro Hersteller!

Eine hohe Summe, welche Experten und Sicherheitspolitiker irritiert. Denn auch der Bund budgetiert für die Tests zehn Millionen Franken: für Infrastruktur, Material, Fachspezialisten, Lärmmessungen. Weiter erhalten die Anbieter den Treibstoff und die Verpflegung gratis.

30 Millionen Franken für die Jet-Tests? Die Kritik kommt im Fluge! 

  • «Eine riesige Materialschlacht», findet Peter Schneider (73), Armee-Experte und Chefredaktor der Schweizer Militärzeitschrift «ASMZ». Die Tests könnten ebenso gut im Ausland durchgeführt werden. «Lärm machen die Jets überall. Aber im Herstellerland wären ausgiebigere Tests und Fachgespräche möglich, und für die Wartung ist alles vor Ort.» Kommt hinzu: Schweizer Piloten können die Jets nicht selber fliegen. Die F-35 von Lockheed Martin und der Gripen von Saab sind Einsitzer. Im F/A-18 Super Hornet von Boeing, dem Eurofighter von Airbus und der Rafale von Dassault dürfen Schweizer zwar an Bord, aber nie ans Steuer.
    Armasuisse-Sprecher Kaj-Gunnar Sievert (53) hält dagegen: Erprobungsflüge und Lärmmessungen dienten dem Abgleich der Fähigkeiten der Jets mit den Anforderungen «im schweizerischen Umfeld». Ein weiterer Vorteil: Die Flugzeuge werden unter annähernd gleichen Bedingungen verglichen.

  • Unnötige Breite der Evaluation lautet der zweite Kritikpunkt. «Für die letzte Evaluation neuer Kampfjets brauchten die Experten zwei Jahre. Zu lange Prozesse können Projekte aber gesamthaft gefährden», sagt SVP-Aviatik-Experte Thomas Hurter (SH, 55). Flugzeuge, die bei anderen Luftwaffen schon erfolgreich in Betrieb seien, müssten nur noch bezüglich Einsatzgebiet und Flugplätzen überprüft werden. Wichtig sei auch die Abklärung der Vereinbarkeit mit den Schweizer Systemen – um Folgekosten abzuschätzen. 
    Armasuisse verteidigt den Aufwand. Um das gesamte «Einsatzspektrum» zu prüfen, seien nebst den Tests in Payerne auch die «Auswertung eines umfangreichen Fragenkataloges und Überprüfungen in Simulatoren» nötig.

  • «Die Erprobungen sind eine teure Flugshow zur Stimmungsmache im Volk», nervt sich SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (ZH, 50). Zweifellos wird allein der F-35-A Lightning II, dessen Test-Teilnahme Lockheed-Martin-Sprecherin Laurie Tortorello erstmals offiziell bestätigt, Fans in Scharen anziehen. «Das regt die öffentliche Typendiskussion an, die man ja von politischer Seite verhindern wolle», stört sich Peter Schneider. Seine Befürchtung: Wenn private Experten die Anbieter mit Fragen löchern, entstehen Lecks. Laut CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann (LU, 60) gehen die Sicherheitspolitiker im Bundeshaus bewusst auf Distanz. 
    SVP-Hurter hingegen sagt: «Wir können dem Volk nicht die Diskussion verbieten.» Und den Typenentscheid fälle der Bundesrat sowieso allein.

Die neue Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP, 56) hält an der monatelangen Evaluation und am Zeitplan fest, wie sie am Samstag auf Radio SRF betonte. Sie konzentriert sich auf den politischen Teil des Geschäfts. Damit die Kosten nicht für die Katz sind.

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