Schüsse aus dem Hinterhalt, Nebelpetarden, Frontalattacken
Walliser Wahlkampf ist ein Wahlkrieg

Ein CVP-Dissident in den SVP-Reihen, Psychokrieg gegen Christophe Darbellay und SP-Kandidaten, die sich gegenseitig ausbremsen: der ganz normale Wahnsinn im Walliser Wahlkampf.
Publiziert: 22.02.2017 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:30 Uhr
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Von allen Seiten unter Dauerbeschuss: CVP-Staatsratskandidat Christophe Darbellay.
Foto: Keystone
Nico Menzato

In elf Tagen bestimmen die Walliser ihre neue Regierung und ihr neues Parlament. Im Bergkanton tobt ein Wahlkampf, den es so lange nicht mehr gab. Es herrscht Krieg!

Gegen den CVP-Kandidaten Christophe Darbellay wird Psychoterror gemacht. Weil dieser im letzten September gestand, ein Kind aus einer Affäre zu haben. Hinter den Kulissen wird seither das Gerücht gestreut, der ehemalige CVP-Präsident hätte ein weiteres uneheliches Kind. 

In diese Kerbe schlug Roger Köppel: Gegenüber «Kanal 9» insinuierte der SVP-Nationalrat, womöglich kämen noch mehr uneheliche Kinder hinzu. SVP-Staatsrat Oskar Freysinger, der grosse Gegenspieler Darbellays, kritisiert seinen Parteifreund scharf: «Das ist ein politischer Fehler und nicht intelligent.» Er habe dieses Thema nie angesprochen – um sogleich zu ergänzen, er sei froh über steigende Geburtenraten.

Darbellay: «Verleumdung der untersten Schublade!»

Darbellay selbst glaubt, die SVP stehe hinter den Gerüchten. «Sie sind ein Vertreter von Unwahrheiten. Das lasse ich mir nicht bieten», warf er Freysinger an den Kopf. Gegenüber BLICK dementiert Darbellay die Gerüchte vehement: «Das ist eine Verleumdung der untersten Schublade, die von SVP-Kreisen betrieben wird.»

Der ehemals nationale Politstar steht nicht nur von der politischen Konkurrenz unter Dauerbeschuss, sondern auch CVP-intern. SVP-Freysinger konnte Nicolas Voide vom konservativen CVP-Flügel davon überzeugen, auf seiner Liste zu kandidieren. Es ist ein Frontalangriff des Dissidenten auf Darbellay: Beide wohnen in Martigny, aber gemäss Verfassung darf nur jemand pro Bezirk in der Regierung sitzen.

Stolz präsentiert der SVP-Scharfmacher Anfang Februar im Kulturzentrum La Poste in Visp seine Trophäe. «Es gibt mutige Leute in jeder Partei», rief er beim Wahlkampfauftakt der SVP-Familie zu. Der Applaus war verhalten. Das Enfant terrible scheint als Einziger vom Manöver vollends überzeugt zu sein. 

Für Voide ist die Kandidatur mit SVP-Politikern ein Spiessrutenlauf. Er habe gute Chancen, Darbellay zu übertrumpfen, sagt zwar SVP-Wallis-Präsident Franz Ruppen. Im La Poste bezeichnete er den bulligen Anwalt aber mehrfach als «Gast». Und so fühlte sich der ehemalige Parlamentspräsident auch. Zuweilen sass er alleine am Tisch. Zusammen mit Roger Köppel, der in Visp einen Vortrag hielt, wollte er partout nicht aufs Foto. Zu gross die Gefahr, seine CVP-Wähler zu vergraulen.

Verliert die CVP die absolute Macht?

Auch ohne den hausinternen Krach wäre die Herausforderung für die C-Partei gross genug. Vor vier Jahren verlor die CVP und ihre Schwesterpartei CSP die absolute Mehrheit im Kantonsparlament. Jetzt geht es darum, die drei Staatsratssitze zu verteidigen und damit im letzten Kanton die Vorherrschaft zu behaupten. 

Doch auch bei der SP hängt der Haussegen schief: Obwohl sie nur einen der fünf Staatsratssitze gewinnen kann, kandidiert der ehemals höchste Schweizer Stéphane Rossini. Und attackiert so den Sitz seiner Parteikollegin Esther Waeber-Kalbermatten. Was ihm das Attribut «Ladykiller» einbrachte.

Die allgemeine Lage ist verworren: 13 Politiker kandidieren – so viele wie noch nie. Und ein FDP-Kandidat kündigte bereits an, im zweiten Wahlgang wie Voide mit der SVP gemeinsame Sache zu machen. Es wäre ein weiterer Tabubruch.

Der Wahlkrimi im Wallis – er ist gehässiger, verzwickter, spannender und chaotischer als jemals zuvor. Für Darbellay geht es um alles. Misslingt die Wahl, stünde er vor dem politischen Aus. 

So oder so dürfte er aber vor allem erleichtert sein, wenn der Wahlkampf endlich vorbei ist.

Das sagen Walliser Prominente zum Wahlkrieg

Pascal Couchepin, alt FDP-Bundesrat: «Es ist unmöglich, den Wahlausgang vorherzusehen. Es gibt zu viele Kandidaten und es hat viele nicht absehbare Ereignisse gegeben. Der Wahlkampf ist heftig, weil die SVP wie eine Sekte auftritt und die CVP die Mehrheit im Parlament vor vier Jahren verloren hatte. Vor 30 oder 40 Jahren haben die Parteien aber auch in dieser Intensität gekämpft. Darbellay wird die Wahl gelingen, allerdings mit mehr Schwierigkeiten als er vor einem Jahr gedacht hat.»

Christian Constantin, Präsident FC Sion: «Im Endeffekt wird die Affäre um das uneheliche Kind insofern keine Konsequenzen für Christophe Darbellay haben, als dass ich davon ausgehe, dass er gewählt werden wird.

Foto: EQ Images

Aber nicht ohne Weiteres, es wird kompliziert werden und Darbellay wird richtig kämpfen müssen für seine Wahl. Der erste Wahlgang wird da schon sehr entscheidend sein. Doch am Schluss wird es einen Final zwischen ihm und Nicolas Voide geben, den der ehemalige CVP-Präsident für sich entscheiden wird.»

Art Furrer, Ski-Legende und Hotelier: «Dieser Wahlkampf im Wallis ist einzigartig hart. Ich gehe davon aus, dass diesmal das Kalkül der Strategen, die im Weinkeller ihre Spiele ausgeheckt haben, nicht aufgehen.

Hotelier Art Furrer.

Dies, weil sich der Zweikampf zwischen Darbellay und Freysinger stark zugespitzt hat. Darbellay war beteiligt, als Christoph Blocher als Bundesrat abgewählt wurde. Klar, dass für Freysinger jetzt die Stunde der Rache kommt. Die Zeit der Querschüsse ist noch nicht vorbei.»

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