Das war erst der Anfang! Mit gerade mal 82 Stimmen hat Grünen-Chefin Regula Rytz (57) den Sprung in den Bundesrat deutlich verpasst. Doch: Die Grünen wollen auf keinen Fall locker lassen. «Man kann uns vielleicht einmal die Türe zuschlagen», sagte Fraktionschef Balthasar Glättli (47) nach der Bundesratswahl. «Aber nicht immer.»
Die Grünen wollen in den Bundesrat. Unbedingt. Sie wollen sich nun bei jeder kommenden Vakanz «überlegen, wie wir unseren unbestrittenen Anspruch auf einen Bundesratssitz einfordern können», so Glättli. Die Grünen schliessen nicht einmal aus, in vier Jahren einen Sitz der SP anzugreifen.
Treue-Appell an die Wähler
Damit es bald mit einem Regierungssitz klappe, müsse die Bevölkerung in vier Jahren ein «wohl noch deutlicheres Zeichen setzen«, sagte Rytz am Mittwoch vor Medienvertretern. Dann kämen die Bundesratsparteien 2023 kaum mehr darum herum, den Grünen einen Sitz zu geben.
Bei den Wahlen vom 20. Oktober sind die Grünen vom eigenen Erfolg überrumpelt worden. Das soll ihnen nicht mehr passieren. Schon jetzt ist die Parteispitze daran, potenzielle Kandidaturen aufzubauen. Wenn sich die nächste Gelegenheit ergibt, wollen sie bereit sein.
Zugerin in der Pole-Position
Da wäre etwa die neue Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt-Picard (52). Sie hat schon dieses Mal Interesse an einer Kandidatur gezeigt. Als Pultnachbarin von Rytz bekam sie die Wahlniederlage gestern hautnah mit. Sie war zudem als einzige Parlamentarierin an der Medienkonferenz der Grünen anwesend. Ein erstes Schnuppern, bevor sie selbst einmal vorne steht? Als ehemalige Regierungsrätin verfügt sie jedenfalls über Exekutiverfahrung. Zwölf Jahre lang stand sie der Zuger Direktion des Innern vor.
Oft genannt wird auch der Name von Bernhard Pulver (54). Der einstige Berner Regierungsrat könnte bis weit in die bürgerliche Mitte punkten, zählt er doch zum moderaten Flügel seiner Partei. Auch er hat schon Interesse an einer Kandidatur gezeigt.
Auch Welsche und Tessiner haben Zugpferde
Das Gleiche gilt für Nationalrat Bastien Girod (38). Der Zürcher sitzt seit 2007 im Parlament und zählt ebenfalls zum Realo-Flügel. Neu präsidiert er die wichtige Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek). Weiss Girod die Plattform zu nutzen, steigen seine Chancen, dereinst für die Grünen ins Bundesratsrennen zu steigen.
Nach nur vier Jahren im Nationalrat gehört die neue Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (31) schon heute zu den Aushängeschildern in der Romandie. Mit ihr als Zugpferd sind die Grünen im Kanton Genf zur stärksten Partei gewachsen. Kann sie in den nächsten vier Jahren im Ständerat punkten, schafft sie sich in der kleinen Kammer eine gute Wahlbasis.
Die Grünen haben aber auch noch einen Tessiner Joker in der Hinterhand – falls es in vier Jahren erneut gegen FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (58) geht. Dann könnten die Grünen mit der neuen Tessiner Nationalrätin Greta Gysin (36) ins Feld ziehen und damit die Regionenfrage entschärfen.
Der Anspruch bleibt
Können die Grünen in vier Jahren ihren Wähleranteil halten, «werden auch die anderen Parteien merken, dass man unseren Anspruch nicht immer unter dem Deckel halten kann», betonte Fraktionschef Glättli.