Selten einmal wird die Schweiz so hofiert wie derzeit von den Kampfjetherstellern Dassault, Lockheed Martin, Boeing und Airbus. Selbst Saab hat seine Bemühungen um den Auftrag noch nicht aufgegeben – obwohl der Gripen-Jet der Schweden nicht einmal an den Probeflügen im Frühsommer teilnahm.
Kein Wunder, es geht immerhin um einen äusserst lukrativen Auftrag im Wert von sechs Milliarden Franken. Dass da mit harten Bandagen gekämpft wird, erstaunt nicht.
Dassault kauft Bund Tochter ab
Nun scheint es, dass sich der Dassault-Konzern einen Vorteil für seine Rafale erkauft hat – im wahrsten Sinne des Wortes. Wie am 2. Juli bekannt wurde, haben die Franzosen der noch bundeseigenen Ruag deren Tochterfirma Ruag Business Aviation AG abgekauft. Diese bietet an den Flughäfen Genf und Lugano Service- und Wartungsleistungen für Privat- und Businessjets an. Den Preis haben weder Dassault noch Ruag kommuniziert.
Zufall? Insider zweifeln gemäss einem Bericht der «Handelszeitung» daran. «Es sieht nach einer Vorleistung von Dassault im Zuge der Kampfjetbeschaffung aus», sagt ein namentlich nicht genannter Experte der Zeitung.
«Langfristige Partnerschaft»
Denn eine Goldgrube sei die Ruag Business Aviation nicht – letztes Jahr wurde beispielsweise der Standort Bern geschlossen. Dassault-CEO Eric Trappier hingegen begründet den Kauf damit, «die Präsenz in der Schweiz, einem wichtigen Business-Aviation-Markt in Europa, zu verstärken».
Allerdings verhehlt der Konzern auf Anfrage der «Handelszeitung» nicht, dass er die «Beziehungen zur Schweizer Industrie stärken» will. Ziel sei es, «langfristige Partnerschaften aufzubauen, sowohl rund um das Kampfflugzeug Rafale und seine Schlüsseltechnologien als auch in allen Geschäftsbereichen der Rafale-Konsortialgesellschaften».
Politik ist nicht alarmiert
Die Politik sieht die Transaktion ebenfalls gelassen: «Ich sehe da kein Problem», sagt Josef Dittli (62, FDP), Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats. Die Ruag setze ja nichts anderes als die Strategie des Bundesrats um, der die Teilprivatisierung des staatlichen Rüstungskonzerns beschlossen hat. «Ich sehe auch keine negativen Verflechtungen im Zusammenhang mit der Kampfjetbeschaffung», so Dittli.
Ähnlich äussert sich auch der Sicherheitspolitiker Beat Flach (54). «Möglicherweise hat die anstehende Kampfjet-Beschaffung für Dassault eine Rolle beim Kaufentscheid gespielt», sagt er. Für den Aargauer GLP-Nationalrat aber kein Grund, schon Mauscheleien zu wittern. «Es muss einfach sichergestellt sein, dass dies auf Schweizer Seite keinen Einfluss auf die Typenwahl hat. Und das kann man überwachen.»
Saab sorgte für Kritik
Allerdings: Schon in der Vergangenheit sorgten Deals im Vorfeld von Kampfjet-Entscheiden für Schlagzeilen. 2008 etwa, als sich die Schweiz zum letzten Mal daranmachte, ihre Kampfflugzeug-Flotte zu erneuern. Zur Auswahl standen der Gripen, die Rafale und der Eurofighter.
Kurz vor Beginn der Evaluationsphase hatte eine Tochter von Gripen-Anbieter Saab der Ruag den Bereich Grosskalibermunition abgekauft und logierte gar auf dem Firmengelände der Ruag in Thun BE. Und ein Jahr später kaufte die Ruag von Saab den Bereich Raumfahrt.
Den Zuschlag für den Jet erhielt dann der Gripen – der 2014 aber vor dem Volk Schiffbruch erlitt – auch wegen massiven Lobbyings, wie eine Abstimmungsuntersuchung ergab. Das droht der Rafale nicht: Denn das Volk soll nicht über den Jet-Typ abstimmen, sondern nur darüber, ob wir ein Kampfflugzeug kaufen.