«Vier Opfer pro Woche sind zu viel»: Unter diesem Motto haben sich vergangene Woche mehrere Organisationen zusammengeschlossen, um für das revidierte Waffengesetz zu kämpfen. Rund 200 Menschen kommen in der Schweiz jedes Jahr durch Schusswaffen ums Leben. Um die Zahl zu senken, sei die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie dringend nötig, sind die Mitglieder der «Plattform für ein zukünftiges Waffenrecht» überzeugt. Aus ihrer Sicht ist die Vorlage des Bundesrats in Teilen sogar noch zu lasch.
Als politischer Treiber hinter der Plattform fungiert die SP. Ihr angeschlossen hat sich in dieser Sache unter anderem der Verband der Schweizerischen Polizeibeamten (VSPB). Dessen Generalsekretär Max Hofmann war dabei, als sich die Vereinigung letzte Woche den Medien präsentierte.
«Wir wurden nie gefragt»
Ein Auftritt, der innerhalb des Polizisten-Verbands zu reden gab. Mehrere Beamte hat die Positionierung dermassen befremdet, dass sie sich wütend an die Verbandsspitze und die Öffentlichkeit gewandt haben. Die Aussagen des VSPB entsprächen nicht der Haltung der meisten Polizisten, schreibt ein Polizist auf Facebook. «Wir wurden nie gefragt, wie wir zu der drohenden Waffen(un)rechts-Verschärfung im Zusammenhang mit der EU-Richtlinie stehen», enerviert er sich in einem offenen Brief an den Verband.
Auch ein anderer Beamter stellt in einem Mail an die Verbandsspitze die kritische Nachfrage: «Wie kommt der Generalsekretär dazu, solche Äusserungen zu machen, ohne dass die Basis des VSPB dazu befragt wurde?» Die Position des Verbands entspreche keineswegs derjenigen seiner Mitglieder, stellt er klar. «Ich und viele meiner Kollegen sind klar gegen die Verschärfungen im Waffenrecht und lehnen daher die EU-Richtlinie und den vom Bundesrat verfassten Gesetzesentwurf ab.»
Widersprüchliche Aussagen
Von BLICK mit dem internen Knatsch konfrontiert, sagt VSPB-Generalsekretär Hofmann, man nehme die Kritik ernst. Er betont aber auch: Lediglich zwölf Protest-Mails und drei Telefonate habe man bislang erhalten. Zudem habe sich auch jemand mit lobenden Worten gemeldet. Insgesamt werte er dies «absolut positiv», eine demokratische Debatte müsse schliesslich stattfinden. «Dies zeigt auch, dass die Arbeit des Dachverbandes wahrgenommen wird.»
Dann holt der Generalsekretär aber zum Gegenschlag aus: Die Medien hätten die Position des Verbands verdreht. «Ich sagte an der Medienkonferenz klar, dass der Verband die Vorlage des Bundesrats unterstützt.» Klar habe man hinsichtlich der rückwirkenden Registrierungspflicht für Schusswaffen etwas mehr gewollt. «Aber der Vorschlag des Bundesrats ist ein Schritt in die richtige Richtung.»
Auf den Widerspruch angesprochen, sagt Hofmann, es gelte das gesprochene Wort. Bereits kurz nach der Medienkonferenz hatte der Verband in einer «Richtigstellung» seine Position korrigiert. Die Berichterstattung habe den Eindruck erweckt, «dass der VSPB eine verschärfte Fassung der Vorlage des Bundesrats verlangt». «Das stimmt nicht!», heisst es in dem Schreiben.
Polizisten drohen mit Austritt
Für die verärgerten Polizisten spielt das aber gar keine grosse Rolle. Für sie geht offensichtlich bereits der Vorschlag des Bundesrats zu weit. Und überhaupt: Was sie am meisten stört, ist, dass sich ihr Verband öffentlich zu einem politischen Geschäft äussert. Verwiesen wird auf Artikel 2.1 des Pflichtenhefts der VSPB-Spitze, der festhält: Der Generalsekretär «hat auf die politische und konfessionelle Unabhängigkeit des Verbandes zu achten und diese zu wahren».
Das wilde Vorpreschen der Verbandsspitze könnte für den VSPB Konsequenzen haben. Die beiden Polizisten, die sich auf Facebook öffentlich äusserten, schreiben beide, über einen Austritt aus der Organisation nachzudenken. Auch mehrere Dienstkollegen würden sich diesen Schritt überlegen.