Eine Erhöhung des Mindestlohns, ein Weihnachtszustupf für die Ärmsten, kein Aufschlag der Benzinsteuer: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den Gilets jaunes in den vergangenen Wochen milliardenschwere Zusagen gemacht. Die Bewegung, benannt nach den gelben Warnwesten, die die Demonstranten tragen, hatte in den vergangenen Wochen Hunderttausende wütende Bürger auf die Strassen getrieben. Inzwischen sind es nur noch einige Hundert, die an den Wochenenden durch die Städte des Landes ziehen.
Doch während der Protest in Frankreich abflaut, sorgt er in anderen Ländern für Nachahmer – auch in der Schweiz. Nach vereinzelten Mobilisierungsversuchen bereits im Dezember planen für kommenden Samstag gleich mehrere Gruppierungen in Bern einen Aufmarsch der Gelbwesten. Sie ist nicht bewilligt, wie die Polizei gegenüber dem «Bund» mitteilt.
Die Forderung: ein würdevolles Leben für alle
Einer der Köpfe hinter den Schweizer Gilets jaunes ist der 19-jährige Kevin Charmillot aus dem waadtländischen Rolle. Er wolle die Bewegung hierher bringen, weil auch in der Schweizer Politik vieles im Argen liege. «Als Junger habe ich Angst um unsere Zukunft», sagt er. Als Beispiel nennt Charmillot, der sich vorher noch nie politisch engagiert hat, die steigenden Krankenkassenprämien und Mieten, Lohndumping oder Interessenkonflikte von Parlamentariern aufgrund von Lobby-Mandaten. «Insgesamt fordern wir, dass jeder Schweizer würdevoll in seinem Land leben kann.»
So bunt der Strauss an Forderungen der Schweizer Gelbwesten, so bunt ist auch deren Anhängerschaft. Auch Kritiker der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) versuchen für die morgige Demo zu mobilisieren. Zudem gehört beispielsweise auch François de Siebenthal, Ökonom und Mitinitiant der im vergangenen Jahr gescheiterten Vollgeldinitiative, zu den Teilnehmern. Dieser hatte mit einem Auftritt vor Rechtsextremen im Abstimmungskampf für Schlagzeilen gesorgt.
«Wir sind motiviert und entschlossen»
Dass die Gelbwesten in der Schweiz allerdings zu einer Bewegung anwachsen, deren Grösse schon nur vergleichbar wäre mit derjenigen der Gilets jaunes in Frankreich, ist praktisch ausgeschlossen. Zu diffus sind die Forderungen, zu wenig organisiert die Anhänger. Die Demo-Zusagen auf Facebook lassen darauf schliessen, dass sich morgen in Bern und in weiteren Städten wohl nicht mehr als ein paar Dutzend Unzufriedene auf dem Bundesplatz versammeln werden.
Kevin Charmillot lässt sich davon aber nicht unterkriegen. «Wir sind motiviert und entschlossen», sagt er kämpferisch. Egal, wie viele Menschen sich ihrem Protest anschliessen.