Personelle Probleme, Wahlverluste und bei Top-Themen nicht vorn dabei
Bei der SVP brennt es an allen Ecken

SVP-Politiker machen sich Sorgen. In ihrer Partei brennt es lichterloh. Personelle Problemfälle sorgen derzeit für Furore. Doch auch thematisch befindet sich die Partei in der Sackgasse.
Publiziert: 18.03.2019 um 23:24 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2019 um 11:28 Uhr
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SVP-Wahlschlappe in Appenzell Ausserrhoden: Im Kantonsrat verliert die Partei fünf von zwölf Sitzen.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

SVP-Präsident Albert Rösti (51) ist nicht zu beneiden. In seiner Partei brennt es derzeit an allen Ecken und Enden – von A wie Aargau bis Z wie Zürich. In der Wandelhalle im Bundeshaus sind personelle Probleme und Wahlverluste das grosse Thema unter den SVP-Parlamentariern.

Nicht ohne Grund, wie die aktuellsten Ereignisse beweisen:

  • In Appenzell-Ausserrhoden musste die SVP einen herben Dämpfer einstecken. Am Sonntag verlor sie fünf von zwölf Kantonsratssitzen. In Herisau und Bühler wurden auch gleich die SVP-Gemeindepräsidenten abgewählt. «Das Resultat ist eine Katastrophe», kommentiert ein Parteimitglied. Doch das Problem liegt tiefer, wie Kantonalpräsident Anick Volger gegenüber Radio SRF erklärt: «In vielen Gemeinden konnten wir gar nicht antreten, weil wir keine Kandidaten gefunden haben.»
     
  • In der Romandie kommt die SVP nicht mehr vom Fleck. Symptomatisch zeigte sich das bei der Ersatzwahl für SP-Regierungsrat Pierre-Yves Maillard (51) am Sonntag in der Waadt: SVP-Kandidat Pascal Dessauges (54) hatte gegen SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz (36) keine Chance. Selbst in ländlichen Gebieten holte Ruiz vergleichsweise viele Stimmen, während Dessauges in den Städten tauchte. Dessauges verzichtet nun auf den zweiten Wahlgang. Damit bleibt die SVP – nach der Abwahl von Oskar Freysinger (58) 2017 im Wallis – in der Romandie gänzlich ohne Regierungsratsmandat!
     
  • In der SVP-Hochburg Aargau bereitet der Partei eine amtierende Regierungsrätin Bauchschmerzen: Franziska Roth (54) liegt mit zahlreichen Parlamentariern über Kreuz, wurde von den Regierungskollegen entmachtet und bekommt nun selbst von der eigenen Partei das Messer an den Hals gesetzt. Sie hat ihr Departement für Gesundheit und Soziales nicht im Griff, verärgert reihenweise Mitarbeiter und Politiker – und verweigerte sich bis anhin jeder Hilfe. Nun hat sie die SVP vor die Wahl gestellt: Hilfe annehmen und Verbesserungen umsetzen – oder zurücktreten. Roths Gnadenfrist läuft bis Ende Mai.
     
  • Die Aargauer SVP hat mit Nationalrat Luzi Stamm (66) noch ein weiteres Problem. Stamm sorgt mit seinen Räubergeschichten für Furore. Mal brachte er Koks mit ins Bundeshaus, ein andermal eine Million Euro Falschgeld. Seine Partei vereinbarte mit ihm schliesslich eine Auszeit und schickte ihn in ärztliche Behandlung. Stamm ist mit ein Grund, dass die Partei für die Wahlen eine Altersguillotine eingeführt hat.
     
  • Hoch zu und her geht es auch in der Zürcher SVP. Ihr Kantonsratskandidat Stefan Locher (40) animierte dort offensichtlich zum Wahlbetrug. Während eines Telefongesprächs mit einem als SVP-Wähler getarnten «Izzy»-Redaktor hatte Locher nichts dagegen, dass der Anrufer auch gleich die Wahlzettel für seine Frau und seinen Sohn ausfüllen und unterzeichnen wollte.

Die Fälle zeigen: Die SVP hat ein Problem mit ihrem Personal. «Man muss mit den Köpfen arbeiten, die man hat. Wir befinden uns tatsächlich in einem personellen Umbruch», sagt selbst Parteichef Rösti.

Konkurrenz auf dem EU-Feld

Doch auch thematisch gerät die SVP in Schieflage. Das Thema Zuwanderung hat derzeit kaum Konjunktur. Auch das Sorgenbarometer und die BLICK-Umfrage von vergangener Woche zeigen: Gesundheitskosten, Altersvorsorge und Klima – das bewegt die Bevölkerung! Hier mangelt es der SVP an Antworten. Da wird es schwierig, selbst die eigene Basis zu mobilisieren.

Kommt hinzu, dass die SVP beim EU-Abkommen ihr eigentliches Alleinstellungsmerkmal verloren hat. Mittlerweile kommt das als «Ja, aber» verpackte Nein auch vonseiten der CVP und der SP.

Giezendanner kritisiert das «Nein, nein, nein»

Der Aargauer Nationalrat Ulrich Giezendanner (65) kritisiert: «Wir müssen das Volk wieder mehr spüren und positive Lösungen aufzeigen. Immer nur Nein, Nein, Nein sagen reicht nicht.» Für ihn ist es auch heute noch ein Fehler, dass seine Partei die Energiestrategie bekämpft hat.

Er sagt deshalb, auch bei der Umweltthematik müsse seine Partei konkrete Lösungsansätze liefern: «Erdölverbrennung ist eine Sünde. Wir müssen den Wasserstoff fördern.» Beim EU-Abkommen soll die SVP ebenso vorzeichnen, unter welchen Bedingungen sie für einen Deal zu haben wäre.

Für Giezendanner gelten die Zürcher Wahlen vom nächsten Sonntag als wichtiger Gradmesser: «Verlieren wir auch dort, braucht es eine neue Lagebestimmung und Korrektursitzung.»

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