Ein neues 490-seitiges Buch räumt mit vielen Geheimnissen zur Schweizer «Geheimarmee» P-26 auf. Schon der Begriff «Armee» ist demnach falsch: Die Organisation des Projekts 26 habe «definitiv keinen Kampfauftrag» gehabt.
«Ihre Hauptmissionen waren die Nachrichtenbeschaffung, die Propaganda – um den Widerstandswillen der Bevölkerung zu stärken – sowie Sabotageakte.» Dies schreibt der «Tages-Anzeiger», der zusammen mit der «NZZ» vorab die Doktorarbeit von Titus J. Meier (37) lesen durfte, die in diesen Tagen gedruckt erscheint.
Der Aufbau fand innerhalb der Verwaltung und Armee statt
Der Aargauer Historiker, Generalstabsoffizier und FDP-Grossrat Meier ist überzeugt: Die 1990 enttarnte und danach sofort aufgelöste Widerstandsorganisation war zwar geheim, aber legal und ungefährlich. Die P-26 sei eine Kaderorganisation innerhalb der Bundesverwaltung gewesen.
Die P-26 sei in Friedenszeiten ausgebildet worden, um im Besatzungsfall durch «Kommunisten» den politischen Widerstand zu organisieren. Stets verfassungskonform aufgestellt, habe sie weder die Waffen noch das Personal gehabt, um ohne Befehl des Bundesrats oder des Generalstabchefs sich selbst zu «aktivieren».
Meier widerlegt damit zentrale Aussagen des Berichts der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) unter der Führung des Innerrhoder alt CVP-Ständerats Carlo Schmid (68). Dieser hatte 1991 die P-26 als mögliche Gefahr für die verfassungsmässige Ordnung dargestellt und die fehlende Rechtsgrundlage bemängelt.
«Wer es wissen wollte, hätte es wissen können»
Meier hat offenbar tiefer gegraben als damals die PUK. So hat er über 100 der rund 400 P-26-Mitarbeiter interviewt. Zudem wertete er erstmals die vielen schriftlichen Archivquellen zum Thema aus.
Sein Fazit: «Der Aufbau einer geheimen Widerstandsorganisation wie der P-26 und ihres Vorläufers, des sogenannten Spezialdienstes, war Parlament und Bundesrat bekannt. Wer es wissen wollte, hätte es wissen können», sagt Meier im Interview mit der «NZZ».
Briten wussten Bescheid
Auch der Untersuchungsbericht von Pierre Cornu (58), der die Beziehungen zwischen der P-26 und analogen Organisationen im Ausland untersuchte, erhält nach der neusten Forschungsarbeit eine Fortschreibung. So ist für Meier klar, dass die P-26 nur zu den Briten Kontakt hatte.
Und auch dies sei nichts Aussergewöhnliches gewesen: Der Schweiz habe Ende der 70er-Jahre, als sie die P-26 aufbaute, schlicht das Wissen gefehlt, wie man eine Widerstandsorganisation aufbaut. So habe sie sich Hilfe beim britischen Geheimdienst MI6 geholt. (awi)