Im Jahr 2016 bezogen 320'000 Personen Ergänzungsleistungen (EL). Fast 5 Milliarden Franken wurden dafür aufgewendet. In den letzten Jahren sind die Kosten massiv gestiegen – und sie werden angesichts der demografischen Entwicklung weiter ansteigen.
Doch künftig müssen wohl Zehntausende alte und behinderte Menschen mit weniger Geld auskommen (BLICK berichtete). Denn das Parlament will sparen. In der Frühlingssession hat der Nationalrat Kürzungen von Hunderten Millionen Franken beschlossen.
Städte und Gemeinden schlagen Alarm
Jetzt schlagen der Städte- und der Gemeindeverband Alarm. «Die Kürzungen, die der Nationalrat beschlossen hat, werden einem ausgewogenen Reformpaket nicht gerecht und drohen die untere Mittelschicht aus der EL auszuschliessen», warnen sie in einem Brief an die Mitglieder der ständerätlichen Sozialkommission, die sich heute über die Vorlage beugt. Es drohe eine Kostenverlagerung in die Sozialhilfe.
Die Verbände fordern vor allem in zwei Punkten eine Korrektur.
> Erstens bei den Mietzinsmaxima: Eigentlich sollten die anrechenbaren Mietzinse für EL-Bezüger erhöht werden, da diese der Mietpreisentwicklung hinterherhinken. Vor allem in den Städten sind die realen Mietzinse oft höher – schätzungsweise 70 Prozent der EL-Bezüger zahlen bei den Mieten drauf. Eigentlich sollten 200 Millionen Franken für die Erhöhung eingesetzt werden. Der Nationalrat hingegen sieht nur nur 90 Millionen vor. Das sei «zu knapp bemessen», bemängeln die Kommunen. Damit bestehe die Gefahr, dass EL-Bezüger früher ins teurere Pflegeheim wechseln würden und die Gemeinden mit Sozialhilfe aushelfen müssten.
> Zweitens beim Bezug der Pensionskassengelder: Der Nationalrat stellt sich gegen Einschränkungen beim Kapitalbezug in der obligatorischen beruflichen Vorsorge. Das widerspricht eigentlich den Sparanstrengungen. Denn damit besteht weiterhin die Gefahr, dass jemand seine Pensionsgelder verbraucht und danach auf EL angewiesen ist. Deshalb sollen jene, die ihr Geld verbraucht haben, mit einer EL-Kürzung abgestraft werden. Nur: Reicht das Geld dann nicht fürs Leben, muss auch hier die Sozialhilfe einspringen. Die beiden Verbände sprechen sich deshalb «deutlich» für Bezugsbeschränkungen aus.
Das Fazit ist klar: «Verlagerungen und finanzielle Entlastungen auf Kosten der Gemeinden lehnen wir ausdrücklich ab.»
Skos sieht EL-System gefährdet
Unterstützung erhalten die Verbände von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos). «Heute verfügen wir über ein solides EL-System, das eine Verlagerung in die Sozialhilfe verhindert», sagt Geschäftsführer Markus Kaufmann zu BLICK. «Eine behutsame Reform ist nötig. Die vom Nationalrat beschlossene Variante ist aber überzogen und gefährdet das gut verankerte EL-System.»