Nachgefragt bei Studienleiter Dr. Robin Samuel
«Auch junge Frauen sehen das traditionelle Familienbild als erstrebenswert»

Er hat die grösste Studie unter jungen Erwachsenen in der Schweiz seit Jahren durchgeführt. Robin Samuel (34) von der Universität Luxemburg im Kurz-Interview.
Publiziert: 27.10.2017 um 17:20 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 09:35 Uhr
Weiss, wie die Jungen ticken: Prof. Dr. Robin Samuel.
Foto: Universität Luxembourg
Interview: Cinzia Venafro

BLICK: Herr Samuel, junge Erwachsene sehen Männer als Ernährer, Frauen bei den Kindern. Woher kommt diese Rückbesinnung?
Robin Samuel: Wir beobachten diesen Trend seit längerem, in diesem Sinne ist es keine Rückbesinnung, sondern eine Stabilität der Daten. Der Mann soll typischerweise Vollzeit arbeiten, die Frauen Teilzeit und sich um die Kinder kümmern. Es gibt aber darin eine grosse Diversifizierung: Die modernen Familienmodelle sind durchaus auch Thema.

Trotzdem: Feministinnen und Gleichstellungsbeauftragte müssen ob Ihren Daten verzweifeln.
Bis zu einem gewissen Grad ja. Aber man muss bedenken, dass hier 19-jährige Männer und Frauen geantwortet haben. Im Lauf des Erwachsenwerdens verändern sich Präferenzen. Wenn das Kind dann mal da ist, sieht man vieles anders. Aber auffallend ist: Auch ein Viertel der jungen Frauen sehen das traditionelle Familienbild als erstrebenswert. Das modernisierte bürgerliche Modell, wo die Frau Teilzeit arbeitet, befürworten vier von zehn Frauen.

Weshalb?
Eine Erklärung könnte sein, dass junge Menschen von dem Familienmodell träumen, das sie von den eigenen Eltern vorgelebt bekommen haben. In der Tendenz bevorzugen junge Leute aus besser ausgebildeten Familien ein progressives Familienmodell, während die Befragten aus einfachen und mittleren Verhältnissen sich auf konservative Werte besinnen.

Bestätigt sich das Klischee eines Stadt-Land-Grabens?
Ja, in der Tendenz sieht man, dass junge Leute aus den Grossstädten wie Zürich, Basel, Bern und Genf eher progressiv antworten, während jene aus ländlichen Gebieten das traditionelle Familienmodell bevorzugen.

Sie sprechen in der Studie auch ein Spannungsfeld an, unter dem junge Menschen leiden. Was meinen Sie genau damit?
Junge Leute wollen sehr viel – sie wollen Karriere machen, sich selbst verwirklichen und die Familie gleichzeitig ins Zentrum rücken. Hedonistische Tendenzen treffen also auf konservative Werte. Das erzeugt Spannung. Die Frage ist, wie Gesellschaft und Wirtschaft diese Spannung absorbieren werden. 

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