Nach Stichentscheid der Präsidentin
Ständerat will Palmöl nicht aus Verhandlungen streichen

Der Ständerat hat sich hauchdünn dafür ausgesprochen, Palmöl nicht aus den Verhandlungen mit Malaysia und Indonesien zu streichen. Dafür beschliesst er einen Mittelweg, der den Bundesrat zur Nachhaltigkeit verpflichten will.
Publiziert: 25.09.2018 um 11:41 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2018 um 13:36 Uhr
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Der Ständerat behandelt gleich vier Geschäfte zu Palmöl im Zusammenhang mit den geplanten Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien, den beiden Weltmarktführern in der Palmölproduktion.
Foto: KEYSTONE/ANTHONY ANEX
Julien Duc

Der Bund strebt Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia an, den beiden Weltmarktführern in der Produktion von Palmöl. Just dieses jedoch geriet innenpolitisch unter Beschuss. Der Ständerat beriet heute zwei Geschäfte dazu: Eines wollte Palmöl komplett aus den Verhandlungen ausklammern, das andere schlug einen Mittelweg vor.

Nach einer langen Debatte entschied der Ständerat schliesslich mit der kleinsten aller Mehrheiten, Palmöl nicht aus den Verhandlungen zu streichen. Karin Keller-Sutter (FDP) musste als Ständeratspräsidentin den Stichentscheid fällen. Deshalb wurde die Motion Grin mit 21:20 Stimmen bei drei Enthaltungen abgeschossen. Im Gegenzug stellte sich die kleine Parlamentskammer hinter den Mittelweg.

Palmöl-Koalition weibelte mit Petition

Die Palmöl-Koalition – dazu gehören unter anderen die Organisationen Alliance Sud, Bruno Manser Fonds, Pro Natura oder PanEco – hatte im Vorfeld heftig für die Annahme der Motion Grin geweibelt. Der Vorstoss des SVP-Nationalrats Jean-Pierre Grin (71) verlangt den Ausschluss von Palmöl aus den Verhandlungen mit Malaysia. Dasselbe fordern zwei Standesinitiativen von Genf und Thurgau.

Der Nationalrat hatte die Motion Grin im Frühjahr überraschend deutlich angenommen. Die Palmöl-Koalition startete Anfang September eine Petition, in der sie die Ständeräte aufforderte, das ebenfalls zu tun. Die Petition haben knapp 14'000 Leute unterschrieben. Letzten Donnerstag wurde sie den Ständeräten persönlich und per Mail übergeben (BLICK berichtete).

Kommission schlägt Mittelweg vor

Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats empfahl die Motion Grin zur Ablehnung. Um dem Anliegen dennoch Rechnung zu tragen, entwarf sie eine eigene Motion. Diese sieht vor, dass der Bundesrat keine Konzessionen für Palmöl gewährt, die die einheimische Ölproduktion reduziert. Ausserdem soll sich der Bundesrat für eine nachhaltige Produktion und einen nachhaltigen Handel von Palmöl sowie für die Erarbeitung internationaler Standards einsetzen.

Die Palmöl-Koalition hält nichts von diesem Mittelweg, der nun an den Nationalrat geht. Der Ständerat stehle sich damit aus der Verantwortung, sagt Irena Wettstein von Paneco: «Diese Motion ist ein fauler und zahnloser Kompromiss, der nicht hält, was er verspricht.» Der Titel der Motion, «Keine Konzessionen beim Palmöl», sei ein Etikettenschwindel, denn bereits im zweiten Satz der Motion wird von der Möglichkeit für «Palmölkonzessionen» gesprochen, so Wettstein.

Die Kommissionsmotion zementiere den Status quo und liefere keine konkreten Vorschläge, wie Nachhaltigkeit in Zukunft möglich sein soll. Das sei Augenwischerei, meint auch Johanna Michel vom Bruno Manser Fonds.

Seco: «Damit ist ein Verhandlungsabschluss möglich»

Die Palmöl-Koalition ist der Meinung, dass der Ständerat mit der Ablehnung der Motion Grin gegen den Ausschluss von Palmöl aus den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien dem Bundesrat freie Hand gibt, um mit Zollsenkungen die Palmölimporte anzuheizen und die schädlichen Anbau- und Geschäftspraktiken in den Produktionsländern zu belohnen – auf Kosten der Regenwälder und Menschenrechte.

Das in den Verhandlungen federführende Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) meinte im Vorfeld zur heutigen Ständeratssitzung: «Falls die Schweiz Palmöl aus den Verhandlungen mit Malaysia oder Indonesien komplett ausklammern würde, käme keines dieser Abkommen zustande.» Mit dem Mittelweg der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats jedoch könne man leben. «Damit ist ein Kompromiss, welcher einen Verhandlungsabschluss zulässt, gleichzeitig aber sicherstellt, dass die Schweizer Ölsaatenproduktion nicht reduziert und auf Nachhaltigkeitsbedenken eingegangen wird.»

Wunderpflanze mit Nebenwirkungen

Palmöl befindet sich in rund jedem zweiten Alltagsprodukt. Zum Beispiel in Lebensmitteln: in Brotaufstrichen wie Nutella oder Margarine, im Blätterteig und anderem Gebäck, in Süssigkeiten. Doch auch in Hygieneartikeln und Reinigungsmitteln steckt das Öl.

Dank seiner zähflüssigen Konsistenz und dem neutralen Geschmack eignet es sich besonders gut für die Verarbeitung. Und es ist ergiebig: Die Ölpalme bringt den mit Abstand grössten Ertrag aller Ölpflanzen. Mehrmals im Jahr kann geerntet werden. All das macht Palmöl viel günstiger als etwa Raps- oder Sonnenblumenöl.

Die Krux ist aber nicht das Palmöl selbst, sondern dessen Anbau. Denn dafür müssen in Indonesien und Malaysia – den beiden Marktführern mit etwa 85 Prozent der Weltproduktion – grosse Regenwaldflächen weichen. Durch die oft illegale Rodung verlieren viele Tiere ihren Lebensraum – etwa die Orang-Utans auf der südostasiatischen Insel Borneo.

Ausserdem werden Torfböden trockengelegt, was enorme Mengen an klimaschädlichem CO2 freisetzt. Und auf vielen Plantagen herrschen miserable Arbeitsbedingungen. Nebenwirkungen, die sowohl Umweltschützer als auch Schweizer Bauernvertreter nicht akzeptieren wollen.

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