Nach schwerem Unfall mit 19 Verletzten
SP-Politiker fordert Gurtpflicht in der Armee

Bei einem schweren Unfall sind am Montagmorgen 19 Armeeangehörige verletzt worden, zwei davon schwer. Auch, weil sie auf dem Lastwagen-Ladefläche nicht angegurtet waren. Experten und Politiker sind sicher: Das erhöht die Gefahr massiv.
Publiziert: 16.07.2018 um 17:23 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:00 Uhr
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Das Unfallfahrzeug wird abtransportiert: Aus noch unbekannten Gründen überschlug sich am Montag, 16. Juli 2018, in Linden bei Oberdiessbach BE ein Fahrzeug der Schweizer Armee.
Foto: Peter Gerber
Andrea Willimann, Helena Schmid, Sermin Faki

Erneut ist es zu einem schweren Unfall mit einem Armeefahrzeug gekommen: Alle 19 Armeeangehörigen, die in dem Lastwagen von Jassbach BE nach Thun BE verschoben wurden, trugen Verletzungen davon, zwei sogar schwere (BLICK berichtete).

Mit der hohen Opferzahl gehört der Unfall zu den folgenschwersten der letzten Jahre. Wohl auch, weil die Rekruten nicht angegurtet im Lastwagen unterwegs waren. Dieser Überzeugung ist Uwe Ewert, Unfallexperte bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU). Generell beurteilt er die Unfallgefahr in der Armee als gering, weil Risikofaktoren wie Alkohol am Steuer oder Geschwindigkeitsüberschreitungen nur selten vorkämen.

«Fehlen der Gurte ist eine Gefahr»

Aber: «Kommt es dann trotzdem zu einem Unfall, ist das Fehlen des Sicherheitsgurts auf dem Militärlastwagen sicher eine Gefahr für die Passagiere.» Zwar sei die Sitzordnung auf den Ladeflächen – mit dem Rücken an der Wand der Fahrerkabine oder an den Schienbeinen der Hintermänner – verhältnismässig sicher. «Sie kann aber nicht verhindern, dass man bei einem Überschlag durch die Luft geschleudert wird», so Ewert.

Jeder Soldat, der schon einmal in einem Lastwagen verschoben wurde weiss: Zur Gefahr tragen zudem Gegenstände bei, die mit der Truppe auf der Ladefläche mittransportiert werden. Seien es die grossen Bidons für Tee – oder Sturmgewehre. Im Falle eines Überschlags wirbeln diese Metallgegestände mit den Soldaten durch den Laderaum.

Nun fordert die Politik mehr Sicherheit für die jungen Wehrmänner. «Wenn die Armee im Ernstfall schnell Truppen verschieben muss, dann soll ein ungesicherter, offener Transport auf Armeelastwagen möglich sein», sagt SP-Verkehrspolitiker Thomas Hardegger (62, ZH). «Aber wir müssen uns fragen, ob normale Truppentransporte nicht mit Bussen und Angurteregeln erfolgen sollten.»

Schnell, unkompliziert und geländegängig

Bürgerliche sind skeptischer. Zwar findet auch FDP-Nationalrat Thierry Burkart (42, AG), man könne über mehr Sicherheit in Armeefahrzeugen sprechen. «Aber vergessen wir nicht: Die Truppenverlegungen müssen schnell, unkompliziert und vor allem in geländegängigen Fahrzeugen erfolgen», warnt er. Schöne Cars mit Gurten seien da nicht einsatzfähig. Und er gibt auch die Kosten zu bedenken: «Wenn sich jeder Armeeangehörige angurten müsste, würden wir massiv mehr Fahrzeuge und damit mehr Personal benötigen. Dafür müssten wir dann das Armeebudget erhöhen.»

Dieser Meinung ist auch SVP-Politiker Walter Wobmann (60). Für die Rekruten und ihre Angehörigen sei dieser Unfall sehr tragisch. Aber auch er warnt vor Überreaktionen: «Man kann die Armee nicht mit dem zivilen Leben vergleichen. Soldaten immer in Personentransportern zu verschieben, ist schlicht nicht möglich – in keiner Armee der Welt.»

Armee verweist auf Strassenverkehrsordnung

Was meint die Armee zur Gurtpflicht bei Truppenverschiebungen? «Ob nach diesem Unfall verstärkte Sicherheitsmassnahmen geprüft werden, kann ich nicht sagen», so Sprecher Daniel Reist. Eine gewisse Entspannung brächten aber sicherlich die 2220 Duro-Fahrzeuge, von denen die ersten in diesen Tagen aus der Revision kommen. Unter anderem wurde bei diesen auch die Sicherheit verbessert.

Doch dass dann alle Soldaten in Duros verschoben würden, sei nicht zu erwarten: «Die Armee hat gar nicht die Kapazitäten, alle Verschiebungen in Personentransportern abzuwickeln», sagt Reist. Und er weist darauf hin, dass die Armee gemäss Strassenverkehrsordnung auch Personentransporte in Lastwagen durchführen darf, «wenn diese genügend hohe Seitenwände haben».

Immer wieder Unfälle mit Militärfahrzeugen

Unfälle mit Militärfahrzeugen kommen immer wieder vor, doch nicht alle laufen glimpflich ab. Nachfolgend eine Übersicht zu militärischen Verkehrsunfällen mit Verletzten oder Toten seit 2012.

20. Juli 2017
Zwei Armeeangehörige werden verletzt, als in einem Kreisel bei Knonau ZH zwei Radschützenpanzer Piranha ineinander prallen.

20. April 2017
Ein Militär-Geländewagen des Typs Puch kippt auf der Umfahrungsstrasse im Schwyzer Ortsteil Seewen um. Vier Soldaten werden zur Kontrolle ins Spital gebracht.

22. November 2016
Bei einer Verzweigung am Ortsrand von Schwyz überschlägt sich ein Armee-Duro und bleibt auf dem Dach liegen. Die zehn Insassen werden leicht bis mittelschwer verletzt.

20. Januar 2016
In Schwellbrunn AR kommt ein Duro-Transporter wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und überschlägt sich in steilem Gelände. Der Fahrer und acht weitere Insassen werden leicht bis mittelschwer verletzt.

18. September 2015
Ein WK-Soldat wird in Hauenstein bei Olten SO tödlich verletzt, als er bei einer Übung unter ein Militärfahrzeug gerät

3. August 2015
Ein Rekrut kommt auf der A13 bei Andeer GR bei einem Motorradunfall im Dienst ums Leben.

26. Mai 2015
Fünf Wehrmänner werden in Schänis SG verletzt, als ein Mannschaftstransporter des Typs Duro auf die Gegenfahrbahn gerät und mit einem Lastwagen kollidiert.

13. März 2015
Auf der Axenstrasse im Kanton Schwyz werden zwei Personen schwer und zwei weitere leicht verletzt, als ein Töfffahrer beim Überholen mit einem Armeefahrzeug zusammenstösst.

9. September 2014
Ein 21-jähriger Rekrut kommt beim Autobahnkreuz in Airolo TI mit seinem Lastwagen von der Strasse ab und wird tödlich verletzt.

18. März 2014
Bei einem Selbstunfall mit einem Militärfahrzeug werden auf der A1 bei Winterthur acht Insassen verletzt. Der Lenker ist zuvor in den Sekundenschlaf gefallen.

5. Dezember 2012
Weil der Lenker eingenickt ist, gerät ein Duro-Transporter der Armee in Eiken AG auf die Gegenfahrbahn und kollidiert mit zwei entgegenkommenden Autos. Acht Personen werden verletzt.

27. November 2012
Ein Militärlastwagen, der 20 Soldaten transportiert, kippt zwischen Cossonay und Lussery-Villars VD bei einem Kreuzungsmanöver um. Zehn Soldaten werden leicht verletzt.

6. September 2012
Ein Leopard-Kampfpanzer und ein Lieferwagen stossen in Unterrealta GR zusammen. Dabei werden drei Insassen des Lieferwagens leicht verletzt.

6. Mai 2012
16 Rekruten des Waffenplatzes Gossau-Herisau werden bei einem Unfall mit einem Truppentransporter verletzt. Auf dem Rückweg zur Kaserne ist ihr Fahrzeug gekippt.

(SDA)

Unfälle mit Militärfahrzeugen kommen immer wieder vor, doch nicht alle laufen glimpflich ab. Nachfolgend eine Übersicht zu militärischen Verkehrsunfällen mit Verletzten oder Toten seit 2012.

20. Juli 2017
Zwei Armeeangehörige werden verletzt, als in einem Kreisel bei Knonau ZH zwei Radschützenpanzer Piranha ineinander prallen.

20. April 2017
Ein Militär-Geländewagen des Typs Puch kippt auf der Umfahrungsstrasse im Schwyzer Ortsteil Seewen um. Vier Soldaten werden zur Kontrolle ins Spital gebracht.

22. November 2016
Bei einer Verzweigung am Ortsrand von Schwyz überschlägt sich ein Armee-Duro und bleibt auf dem Dach liegen. Die zehn Insassen werden leicht bis mittelschwer verletzt.

20. Januar 2016
In Schwellbrunn AR kommt ein Duro-Transporter wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und überschlägt sich in steilem Gelände. Der Fahrer und acht weitere Insassen werden leicht bis mittelschwer verletzt.

18. September 2015
Ein WK-Soldat wird in Hauenstein bei Olten SO tödlich verletzt, als er bei einer Übung unter ein Militärfahrzeug gerät

3. August 2015
Ein Rekrut kommt auf der A13 bei Andeer GR bei einem Motorradunfall im Dienst ums Leben.

26. Mai 2015
Fünf Wehrmänner werden in Schänis SG verletzt, als ein Mannschaftstransporter des Typs Duro auf die Gegenfahrbahn gerät und mit einem Lastwagen kollidiert.

13. März 2015
Auf der Axenstrasse im Kanton Schwyz werden zwei Personen schwer und zwei weitere leicht verletzt, als ein Töfffahrer beim Überholen mit einem Armeefahrzeug zusammenstösst.

9. September 2014
Ein 21-jähriger Rekrut kommt beim Autobahnkreuz in Airolo TI mit seinem Lastwagen von der Strasse ab und wird tödlich verletzt.

18. März 2014
Bei einem Selbstunfall mit einem Militärfahrzeug werden auf der A1 bei Winterthur acht Insassen verletzt. Der Lenker ist zuvor in den Sekundenschlaf gefallen.

5. Dezember 2012
Weil der Lenker eingenickt ist, gerät ein Duro-Transporter der Armee in Eiken AG auf die Gegenfahrbahn und kollidiert mit zwei entgegenkommenden Autos. Acht Personen werden verletzt.

27. November 2012
Ein Militärlastwagen, der 20 Soldaten transportiert, kippt zwischen Cossonay und Lussery-Villars VD bei einem Kreuzungsmanöver um. Zehn Soldaten werden leicht verletzt.

6. September 2012
Ein Leopard-Kampfpanzer und ein Lieferwagen stossen in Unterrealta GR zusammen. Dabei werden drei Insassen des Lieferwagens leicht verletzt.

6. Mai 2012
16 Rekruten des Waffenplatzes Gossau-Herisau werden bei einem Unfall mit einem Truppentransporter verletzt. Auf dem Rückweg zur Kaserne ist ihr Fahrzeug gekippt.

(SDA)

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