Die Aargauer Regierungsrat Franziska Roth (55) tritt per Ende Juli zurück. Die aus der SVP ausgetretene Gesundheitsdirektorin teilte am Mittwoch mit, sie sei nicht mehr in der Lage, die von den Wählern in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Sie hatte ihr Amt Anfang 2017 angetreten.
«Dunkle, enttäuschende Momente»
«Wenn ich Ihnen heute meinen Rücktritt per Ende Juli 2019 bekannt gebe, so gibt es einen einzigen Grund, warum mir dies schwer fällt: Ich will das in mich gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen», so Roth in ihrem an die Wählerschaft gerichteten Rücktrittsschreiben. Das in sie gesetzte Vertrauen sei «Motivation und Verpflichtung zugleich» gewesen. Und: «Es gab mir Kraft, auch die dunklen, enttäuschenden Momente meiner kurzen Zeit als Regierungsrätin und Departementsvorsteherin zu überstehen.»
Mittlerweile habe sie aber erkannt, dass sie im ganzen System nicht so tätig werden könne, wie sie es sich ursprünglich vorgestellt habe. «Ich sehe mich daher beim besten Willen nicht mehr in der Lage, den in mich gesetzten Erwartungen meiner Wählerschaft entsprechen zu können», so Roth. Mit ihrem Rücktritt wolle sie der Aargauern ermöglichen, «eine neue Person ihres Vertrauens zu finden».
SVP liess Roth brutal fallen
Für dunkle Momente hatte insbesondere Roths ursprüngliche Partei gesorgt. Die SVP hatte ihre Regierungsrätin Mitte April brutal fallen gelassen. Die Partei entschuldigte sich hoch offiziell bei den Wählern für ihre eigene Regierungsrätin! Roth gab entnervt ihren Parteiasutritt bekannt.
Doch nicht nur von der SVP kam die ehemalige Gerichtspräsidentin und politische Quereinsteigerin unter Beschuss. Ihre Regierungskollegen gaben auf Druck des Parlaments eine externe Untersuchung in Auftrag, welche die Arbeitsweise Roths durchleuchten soll.
Dieser könnte der Grund für ihren Rücktritt sein, wie die Aargauer Regierung in einer Mitteilung durchblicken lässt: «Aufgrund der neuen Ausgangslage wird der sich in Bearbeitung befindliche Bericht nicht fertiggestellt beziehungsweise nicht veröffentlicht.»
Bedauern der Regierung
Der Regierungsrat «bedauert die Entwicklung, die zu diesem Entscheid führte», heisst es weiter. Und er hat bereits einen Termin für die Ersatzwahl festgelegt. Am 20. Oktober wird der freie Sitz neu besetzt – gleichentags mit den Nationalrats- und Ständeratswahlen.
Bis dahin übernimmt FDP-Regierungsrat Stephan Attiger als offizieller Stellvertreter per sofort die Departementsführung. Die parteilose Regierungsrätin könne «krankheitshalber ihre Amtsgeschäfte nicht mehr weiterführen».
Zudem wird die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz dem Departement Volkswirtschaft und Inneres von Landammann Urs Hofmann (SP) zugeteilt.
Parteien wetzen die Messer
Die Vakanz weckt Gelüste bei anderen Parteien, den Sitz für sich zu reklamieren. Die SVP wird den Sitz bestimmt wieder für sich beanspruchen. Angriffslust dürfte es auch bei der Linken geben, aber allenfalls auch bei FDP, CVP, GLP oder BDP.
«Neben dem Wahlkampf für die Parlamentswahlen vom 20. Oktober auf den selben Termin auch noch Wahlkampf für die Ersatzwahl von Regierungsrätin Roth zu stemmen, finde ich sehr anspruchsvoll – gerade für kleine Parteien», sagt BDP-Präsident Martin Landolt (50, GL) zu BLICK. «Die Entscheidung, ob die BDP zur Ersatzwahl antritt, liegt jedoch bei der Kantonalsektion.»
Der Aargauer BDP-Nationalrat Bernhard Guhl sagt dazu: «Wir prüfen eine Kandidatur.» Im Gespräch sind etwa Grossrätin Maya Bally wie auch Guhl selbst.
SP-Wermuth schimpft über SVP
Der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth ist bereits im Wahlkampf-Modus: «Jetzt ist es amtlich: Die aktuelle SVP Aargau ist die verantwortungsloseste Partei in der Geschichte des Kantons Aargau», schreibt er auf Twitter. Und: «Die eigene Regierungsrätin fertig gemacht, bis es nicht mehr geht. Schämt euch!»
Gegenüber BLICK meint er: «Die SVP Aargau hat auf allen Ebenen komplett versagt. Das ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit.» Der Rücktritt komme aber nicht völlig überraschend, daher habe die SP bereits «verschiedene Szenarien entwickelt».
Ob die SP also antritt, will Wermuth nicht sagen. Nur so viel: «Alles andere werden wir in den nächsten Tagen besprechen und dann kommunizieren.»