Neun Menschen fielen dem Amokläufer David S. (18) in der vergangenen Woche in München zum Opfer. Erschossen, mitten in der bayerischen Metropole. Dann richtete sich der Täter selbst.
David S. verehrte Amokläufer und Rechtsextremisten. Und war in psychiatrischer Behandlung. Doch während die Frage nach dem Motiv des psychisch angeschlagenen jungen Mannes weitergeht, ist bereits geklärt, wo sich der Teenager eine Pistole besorgen konnte: im Darknet. Jenem ominösen Bereich des Internets, mit dem ein
Grossteil seiner Nutzer zeitlebens nie in Berührung kommt. SonntagsBlick schaute sich einmal um, in diesen Untiefen des Netzes. Und siehe da: Viel braucht es nicht, um sich unter die Gemeinschaft vermeintlicher Dealer und selbst ernannter Hacker zu mischen – und das, ohne Spuren zu hinterlassen. Rasch ein Programm wie den TOR-Browser installiert, schon gelangt man in die verborgenen Winkel des Netzes. Guido Rudolphi (54) ist dort ständig unterwegs. Der Internetforensiker, der die technisch tauben Redaktoren in diese Welt einführt, wird dort entsprechend rasch fündig.
Kaum hat er seinen schwarzen Laptop mit der abgeklebten Kamera angeworfen, hat er ein erstes «Schnäppchen» ins Auge gefasst. Ein Händler aus Grossbritannien bietet eine Pistole Marke Glock an. Kaliber neun Millimeter. Mit einer ähnlichen Waffe hatte David S. in München gewütet. Kostenpunkt: 600 Franken – umgerechnet. Bezahlt wird im Darknet meist mit Kryptowährungen wie «Bitcoin».
Ein paar Klicks genügen, um jegliche Vorurteile übers Darknet zu bestätigen. Am laufenden Band tauchen illegale und zwielichtige Angebote auf: Vom gefälschten Pass oder der Kreditkarte über LSD aus Holland bis zum Prostituierten-Ring – alles da.
Selbst einen Hacker kann man mieten. Der bietet an, für 100 US-Dollar den E-Mail- oder Facebook-Account eines x-beliebigen Opfers zu knacken. Für 500 Dollar kann man eine Person «ruinieren» lassen.
Rudolphi winkt ab. «Man kann gar nicht wissen, ob diese Typen überhaupt liefern. Und zahlen muss man immer im Voraus.» Die meisten Angebote der Auftragshacker zum Beispiel seien gefälscht. Rudolphi zeigt auf eine englischsprachige Annonce. «Die stammt von meinem lieben Freund Gary. Der versteht von Hacken so viel wie eine Kuh von Foxtrott.» Gary, so Rudolphi, sei ein Ugander, der sich zwar für Aufträge bezahlen lasse, diese aber nie ausführe. «Der verdient sich dumm und dämlich, ganz ohne Risiko.» In Afrika sei er für die geprellte «Kundschaft» unerreichbar.
Alles halb so wild? Keine Waffen und Drogen auf die Schnelle also? «Natürlich kann man Waffen und Drogen kaufen, doch kommt die Ware nicht immer beim Käufer an», sagt Experte Rudolphi. Auch könnten sich die Käufer ihrer Anonymität nicht sicher sein. «Einen Tag nach dem Amoklauf von München wussten die Ermittler, bei wem der Täter seine Waffe gekauft hatte.»
Doch nicht alles, was übers Darknet geschrieben würde, seien Märchen. Er selbst hat etwa den Vertreibern von Kinderpornografie den Kampf angesagt und hilft Ermittlern bei der Verfolgung der Hintermänner. «Doch viel wichtiger als für Kriminelle ist das Darknet für Journalisten und Dissidenten in autoritären Staaten, die auf diesem Weg sicherer kommunizieren können.»
Bei der Bundespolizei Fedpol sieht man den verborgenen Teil des Internets weniger romantisch. «Kriminelle haben ihre Aktivitäten immer mehr ins Darknet verschoben, seien es Pädokriminelle, die kinderpornografisches Material austauschen oder Betrüger und Waffenhändler, die so ihre Geschäfte besprechen und abwickeln. Auch Schadsoftware wird immer mehr auf diesem Weg verbreitet», sagt eine Sprecherin. Das Ausmass der kriminellen Aktivitäten im Darknet liesse sich allerdings nicht abschätzen. Zumindest das bleibt wirklich im Dunkeln.
Das Darknet umfasst 50'000 bis 500'000 Internetseiten. Google und Co. können sie nicht aufspüren. Dazu gehören auch Webseiten, die auf Privatrechnern platziert sind. Sind diese nicht eingeschaltet, gibt es auch keinen Zugriff. Mit gewöhnlichen Browsern wie etwa Firefox kommt man gar nicht erst ins Darknet. Das liegt am Protokoll – die Vereinbarung für die Datenübertragung. Mit dem kostenlosen TOR-Browser klappts aber.
Das Darknet umfasst 50'000 bis 500'000 Internetseiten. Google und Co. können sie nicht aufspüren. Dazu gehören auch Webseiten, die auf Privatrechnern platziert sind. Sind diese nicht eingeschaltet, gibt es auch keinen Zugriff. Mit gewöhnlichen Browsern wie etwa Firefox kommt man gar nicht erst ins Darknet. Das liegt am Protokoll – die Vereinbarung für die Datenübertragung. Mit dem kostenlosen TOR-Browser klappts aber.