Der Bund gewährte während Jahrzehnten Bürgschaften für Schiffe unter Schweizer Flagge, um in einem Krisenfall die Versorgung des Landes sicherstellen zu können. Zuletzt wurden die Bürgschaften 2008 erneuert. Damals schätzte der Bundesrat das Risiko noch als gering ein. Die Hochseeschifffahrt geriet dann aber weltweit in eine Krise.
Das führte dazu, dass bei 13 Schweizer Schiffen die Bürgschaften gezogen und die Schiffe verkauft werden mussten. Damit der Bund seinen Verpflichtungen nachkommen konnte, musste das Parlament vor einem Jahr einen Nachtragskredit in der Höhe von 215 Millionen Franken bewilligen.
Kritische Entwicklung nicht bemerkt
Die GPK als parlamentarische Oberaufsicht haben die Vorgänge untersucht und am Dienstag ihre Erkenntnisse veröffentlicht. Sie kritisieren sowohl das Wirtschaftsdepartement (WBF) als auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL).
Das Departement habe sich gegenüber dem Amt lange zu passiv verhalten, heisst es im Bericht. Es habe die Aktivitäten des Amtes im Rahmen seiner Aufsichtsaufgabe zu wenig hinterfragt. Dies habe dazu geführt, dass die kritische Entwicklung im Departement nicht bemerkt worden sei. Das Bundesamt wiederum habe das Departement nicht hinreichend informiert. Es habe seine «Bringschuld» nicht erfüllt.
Infonotizen nicht berücksichtigt
Bis zur Eskalation der Krise im Juni 2015 wurden die Bürgschaften nie an Führungsgesprächen thematisiert. Ausserdem wurden Hinweise in Informationsnotizen mangelhaft berücksichtigt. Zwischen 2011 und 2015 liess das BWL dem WBF neun Informationsnotizen zukommen. Darin orientierte das Amt über finanzielle Probleme von Reedereien. Das Amt habe aber zu verstehen gegeben, dass eine Lösung der Probleme in Sicht sei, schreiben die GPK.
Im Jahr 2013 erkundigte sich das Departement, ob eine Unterstützung erforderlich sei. Das BWL antwortete, zurzeit sei keine Unterstützung nötig. Weitere Reaktionen des WBF auf die Informationsnotizen gab es offenbar nicht. Das führte dazu, dass die ungenügenden Prozesse lange nicht entdeckt wurden. Zu den Problemen beigetragen haben dürfte laut GPK, dass das WBF und das BWL die Kompetenzen und Zuständigkeiten unterschiedlich beurteilten.
Lehren fürs Risikomanagement
Nach Ausbruch der Krise im Juni 2015 habe das WBF das Problem aber erkannt, Massnahmen ergriffen und die Aufsicht über das BWL verbessert, schreiben die GPK. Auch habe das WBF ab diesem Zeitpunkt den Gesamtbundesrat angemessen über die Problematik informiert.
Die GPK begrüssen ferner, dass der Bund aus dem Fall Lehren gezogen hat. Ende 2016 beschloss der Bundesrat, den Rahmenkredit für Bürgschaften dem Parlament nicht zur Erneuerung vorzulegen. Zudem ergriff der Bund Massnahmen zur besseren Berücksichtigung der Risiken von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen.
Mangelnde Unabhängigkeit
Zu den Vorfällen um die Hochseeschiffe wurde auch eine Administrativuntersuchung durchgeführt. Das WBF betraute die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) damit. Die GPK kritisieren dies: Sie seien «entschieden» der Ansicht, dass das WBF die Untersuchung nicht an die EFK hätte vergeben sollen, schreiben sie. Die EFK wiederum hätte diese nicht durchführen sollen.
Als Gründe nennt der Bericht die fehlende Unabhängigkeit der EFK und eine unklare Rechtslage. Hinzu kommt, dass die EFK die Untersuchung aus Sicht der GPK «mangelhaft» durchführte. Der ehemalige Stabschef des BWL und die ehemalige Delegierte für Landesversorgung wurden nicht angemessen einbezogen.
Ungeeignetes Organ
Für die GPK stellt sich grundsätzlich die Frage, ob die EFK ein geeignetes Organ ist, um im Auftrag eines Departements eine Administrativuntersuchung durchzuführen. In diesem Zusammenhang sei aber auch das WBF zu kritisieren, welches die Problematik der Unabhängigkeit offenbar unterschätzt habe, halten sie fest.
Die GPK haben acht Empfehlungen zuhanden des Bundesrates formuliert und ihn sowie die EFK um eine Stellungnahme bis Anfang Oktober ersucht. Unter anderem empfehlen sie die Protokollierung von Führungsgesprächen, die Überprüfung der Organisationsstruktur des BWL, eine Präzisierung der Vorgaben zu Administrativuntersuchungen sowie einheitliche Vorgaben für den Vollzug von Bürgschaften.
Nicht untersucht haben die GPK die Vorgänge rund um den Verkauf der Schiffe. Damit befasst sich die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte. Die Bundesanwaltschaft wiederum führt eine Strafuntersuchung gegen den früheren Stabschef des BWL durch. (SDA)