Die SRG-Gegner haben ihre Niederlagen bei den Abstimmungen über das neue Radio- und TV-Gesetz und die No-Billag-Abstimmung offenbar noch nicht verdaut. Aus Ärger über «unser staatliches Zwangsfernsehen» ruft nun der Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei zum «fröhlichen Gebührenstreik» auf. Lei wurde 2012 über Nacht berühmt, als er den Rücktritt des damaligen SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand mit dem Spruch: «Ich seich id Hose» kommentiert hat.
Im Newsletter der rechtskonservativen Zeitung «Schweizerzeit» schimpft er über die vom Stimmvolk gutgeheissene «Mediensteuer» von derzeit 365 Franken pro Jahr. Ebenso stört er sich an der SRG-Berichterstattung im Wahljahr. «Vor den Wahlen jedenfalls verging kein Tag, an dem unsere Staatsmedien gefühlt zehnmal über die angeblich drohende Klimakatastrophe berichteten und damit den Grünen – welche überproportional häufig beim Farbfernsehen angestellt sind – zum Wahlsieg verhalfen», wettert der SVP-Mann.
Auf Barzahlung pochen
Wer damit nicht einverstanden sei, müsse sich wehren, so Lei. Dafür bleibe nur ein Mittel: der Streik. «Treten Sie also in den Gebührenstreik!» Allerdings versteht er darunter keinen echten Zahlungsboykott, sondern vielmehr will Lei der Billag-Nachfolgerin Serafe möglichst viele Umtriebe besorgen. Sein Vorschlag: «Verlangen Sie, dass Sie bar bezahlen dürfen.»
Wie sich Lei das genau vorstellt, erklärt er gegenüber BLICK: «Man soll das Geld der Serafe direkt in bar auf den Tisch legen können – als persönlicher Protest.»
Protestbrief für Gebührenstreik
Er verweist dabei auf das Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel. Gemäss diesem ist tatsächlich «jede Person gehalten, bis zu 100 schweizerische Umlaufmünzen an Zahlung zu nehmen». Schweizerische Banknoten müssen gar «unbeschränkt an Zahlung genommen werden».
Lei liefert im Newsletter auch gleich eine Briefvorlage mit. Darin wird die Serafe aufgefordert, dem Absender mitzuteilen, wo man an seinem Wohnort die Empfangsgebühr «gebührenfrei und ohne zusätzliches Übermittlungsrisiko» bar bezahlen könne.
Seinen Mitstreitern gibt Lei zudem auf den Weg: «Stellen Sie – ohne Gewähr! – sofort sämtliche Zahlungen per Einzahlungsschein ein.» So sicher scheint sich Lei seiner Sache offenbar nicht zu sein, schleicht er sich doch mit dem Hinweis «ohne Gewähr» aus der Verantwortung. Denn wer die Abgabe auch nach Mahnungen nicht bezahlt, wird betrieben.
Zu Bürozeiten in Fehraltorf
Doch Leis Gebührenstreik ist eh ein Schuss in den Ofen. Die Serafe gibt sich gelassen. «Die von der Serafe AG in Rechnung gestellte Haushaltabgabe kann grundsätzlich in bar bezahlt werden», sagt Sprecher Erich Heynen. «Am einfachsten geschieht dies mittels des der jeweiligen Abgaberechnung beiliegenden Einzahlungsscheines und einer Bareinzahlung an einem Schalter der Schweizerischen Post.» Das sei gebührenfrei und sicher. «Diesen Weg haben Hunderttausende von Bürgern im 2019 erfolgreich gemacht und machen dies auch im 2020», so Heynen weiter. «Uns sind auch keine Beschwerden in diesem Zusammenhang bekannt.»
Zudem könne man die Abgabe auch per Briefpost direkt an die Serafe schicken. Und zu Leis Direktzahlungs-Wunsch meint er: «Sollte Herr Lei darauf bestehen, die Radio- und Fernsehabgabe direkt in bar an die Serafe zu übergeben, kann er dies ohne einen Termin abmachen zu müssen, an unserem Schalter in Fehraltorf zu Bürozeiten von Montag bis Freitag tun.»
Lei macht selber nicht mit
Wer also auf Direktzahlung pocht, muss eine Reise tun. Denn: Von einer Annahmepflicht am jeweiligen Wohnort steht im Zahlungsmittel-Gesetz kein Wort.
Ob wirklich jemand diesen Aufwand auf sich nehmen wird? Lei selber jedenfalls nicht! Denn: «Ich selber muss keine Gebühren zahlen, weil ich keine empfangsbereiten Geräte habe», so Lei.
Während einer Übergangsphase bis Ende 2023 können sich Privathaushalte per Gesuch tatsächlich von der Abgabe befreien, wenn in diesen kein zum Empfang von Radio- oder Fernsehprogrammen geeignetes Gerät bereitsteht oder betrieben wird. Das nennt sich «Opting out». Wer aber beim Schummeln erwischt wird, dem droht eine Busse von bis zu 5000 Franken.