Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) sorgt mit seinen Aussagen in der gestrigen «Weltwoche» für Aufregung in Bundesbern. Im fraglichen Interview greift Maurer seine Kollegen im Allgemeinen und Bundespräsident und Aussenminister Didider Burkhalter (FDP) im Besonderen scharf an.
Noch gleichentags schaltetet das VBS eine Erklärung auf seiner Homepage auf, in welcher Maurer sein Bedauern über «einzelne Aussagen» ausdrückt und sich zum Kollegialitätsprinzip bekennt (Blick.ch berichtete).
Minder erreichte Maurer nicht
Alles nur ein Faux-pas? Die «NZZ» erklärt heute, wie es dazu kam: Demnach fand das «äusserst kurzfristig» arrangierte Interview am Dienstagnachmittag statt. Eingefädelt von Maurers Umfeld – und nicht wie üblich von Kommunikationschef Peter Minder.
Minder habe das Interview am Abend aber zum Gegenlesen erhalten, doch habe er Maurer nicht mehr erreicht. Deshalb habe Minder «in eigener Regie die gröbsten Aussagen herausgestrichen, den Rest des des Interviews aber autorisiert», weiss die «NZZ».
Als man im VBS die Brisanz vom Maurers Aussagen realisiert hat, war die «Weltwoche» aber schon im Druck.
«Das ist ihm nicht einfach so passiert»
Dumm gelaufen! Oder doch nicht? «Ich nehme Maurer nicht ab, dass ihm das einfach so passiert ist. Bei seiner Erfahrung rutschen ihm solch unbedarfte Aussagen nicht einfach raus», sagt BDP-Chef Martin Landolt heute zu Blick.ch.
Dass ein Bundesrat auch mal das Kollegialitätsprinzip ritze, indem er eine abweichende Meinung durchblicken lässt, erachtet Landolt als nicht allzu schlimm. Vielmehr ärgert ihn, dass Maurer Burkhalter in Sachen OSZE in den Rücken fällt. «Das schwächt die Rolle der Schweiz und der OSZE – und das ausgerechnet jetzt mitten in der Ukraine-Krise.»
Landolt erinnert auch an Maurers Auftritt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi: «Das war ja auch nicht gerade die Art von Neutralität, die Maurer selber propagiert.»
«Das grenzt an Hochverrat»
SP-Chef Christian Levrat geht mit Maurer hart ins Gericht: «Maurers Aussagen grenzen an Hochverrat», zitiert ihn heute die «Aargauer Zeitung». «Das ist nicht mehr bloss eine Provokation, sondern eine Handlung gegen die Schweiz und den Frieden. Maurer agiert als Brandstifter.»
Auch CVP-Chef Christophe Darbellay äussert sich in der «AZ» kritisch: «Einen so klaren Angriff gegen die Institutionen habe ich noch selten erlebt.» Die Aussagen Maurers seien inakzeptabel.
«Stunde der Heuchelei»
«Das ist die Stunde der Heuchelei», sagt derweil SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Kolumnist Christoph Mörgeli zu Blick.ch. Über Levrats Hochverrats-Vorwurf lacht er: «Er sollte sich mal daran erinnern, was Frau Calmy-Rey alles geboten hat!»
Maurers Interview sei doch «absolut nicht dramatisch». Maurer befinde sich als Einzelkämpfer im Bundesrat in einer schwierigen Situation. «Wir sind ausserhalb der Konkordanz, da gelten auch andere Spielregeln», so Mörgeli.
Inhaltlich habe Maurer ja auch recht, meint Mörgeli. «Das Ganze ist ein Sturm im Wasserglas.» (rus)