Marlies Näf-Hofmann (90) ist die älteste gewählte Politikerin der Schweiz
Sie lässt alle anderen alt aussehen

Seit letzter Woche sitzt Marlies Näf-Hofmann wieder im Stadtparlament von Arbon TG. Eigentlich eine Randnotiz, würde die Anwältin nicht im Oktober bereits 91 Jahre alt. Und sie hat noch immer viel Lust auf Politik.
Publiziert: 05.07.2017 um 23:47 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:17 Uhr
1/4
Seit letzter Woche sitzt Marlies Näf-Hofmann (90) im Stadtparlament von Arbon. Ihre Mission: den Senioren der Gemeinde Gehör für ihre Anliegen zu verschaffen.
Foto: Siggi Bucher
Marco Latzer

Ihre Stimme ist kräftig, der Geist wirkt hellwach. Und seit letzter Woche hat Marlies Näf-Hofmann (90) auch wieder ein politisches Amt. Weil mehrere Politiker vor ihr aus dem Stadtparlament von Arbon TG zurückgetreten sind, konnte das Polit-Grosi nachrücken. Damit ist sie gemäss BLICK-Recherchen die älteste Schweizer Politikerin mit einem Mandat. «Darauf bin ich unglaublich stolz – die Reaktionen sind überwältigend», freut sich die CVP-Frau über ihr Comeback.

Politik ist für sie keine Frage des Alters

Es gebe keine zu jungen oder zu alten Politiker – nur gute oder schlechte. Sie auf ihr hohes Alter zu reduzieren, ist für Näf-Hofmann deshalb äusserst diskriminierend. «Ich bin topfit! Und die Senioren haben ein Recht darauf, dass ihre Anliegen in der Politik vertreten sind. Das ist meine Motivation!», sagt sie. Diskussionen über Alterslimiten in der Politik sind für sie deshalb «Mumpitz».

Seit ihr Ehemann 2008 an einer Parkinson-Erkrankung verstarb, kann sich Marlies Näf-Hofmann ausschliesslich ihrem Hobby Politik widmen. Unterstützung erhält sie bei ihrer Arbeit von Sohn Andreas (52). Auf der Agenda der Polit-Veteranin stehen Themen wie Barrierefreiheit im ÖV, aber auch Tagesstätten für Demenzkranke. 

Ein halbes Jahrhundert in der SVP

20 Jahre lang sass die Anwältin für die SVP im Thurgauer Kantonsrat, war 50 Jahre Parteimitglied. «Ich habe mit meiner Meinung angeeckt, fühlte mich nicht unterstützt», beklagt sich Näf-Hofmann. Denn: Sie versteht sich als resolute Vertreterin der Menschenwürde. Als Abtreibungsgegnerin kann sie auch mit Sterbehilfeorganisationen wie Exit nichts anfangen und ist stattdessen vehemente Befürworterin der Palliativpflege. «Ich stehe für den Schutz aller Menschen samt ihren Sorgen ein!», sagt Marlies Näf-Hofmann. In der Sache gilt sie als hartnäckig, leidenschaftlich und wenig kompromissbereit – nicht nur wegen ihres Jahrgangs ist sie deshalb eine politische Aussenseiterin.

Unzufrieden mit der Bundespolitik

Nach einem kurzen Gastspiel bei den Grünliberalen trat die Juristin vor zwei Jahren als Parteilose zu den Wahlen ins Stadtparlament an. Erst vor wenigen Tagen erfolgte der offizielle Wechsel zur CVP. Ihr Ärger richtet sich auf den Wertezerfall in der Politik: «Der Bundesrat gibt Versprechen ab, die er nicht hält, und viele Bundespolitiker sind in erster Linie Parteisoldaten ohne Meinung», entrüstet sich Marlies Näf-Hofmann.

Doch ist das Arboner Stadtparlament dafür der richtige Platz? Das Polit-Grosi denkt nach: «Ich in den Nationalrat? Also zutrauen würde ich mir den Job schon!» Doch die Mittel für eine Kampagne würden fehlen, verbiegen wolle sie sich nicht, und jünger werde sie auch nicht mehr. «Wenn ich aber im Fernsehen sehe, was die so daherreden, sage ich mir: So gut könnte ich das auch – wenn nicht sogar besser!»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?