Das Sommermärchen-Debakel kratzt nicht nur am Image der Schweizer Justiz im Ausland. Es wird die Schweizer Steuerzahler zudem teuer zu stehen kommen. Das Bundesstrafgericht hat am Montag entschieden, dass der Prozess wegen der Corona-Krise bis mindestens kommenden Montag vertagt wird. An diesem Tag verjährt der Fall.
Auch wenn der Entscheid formell noch nicht getroffen wurde, steht damit fest, dass das Verfahren gegen die ehemaligen deutschen Fussballfunktionäre Theo Zwanziger (74), Horst Schmidt (78) und Wolfgang Niersbach (69) sowie Ex-Fifa-Generalsekretär Urs Linsi (70) eingestellt wird. Das Verfahren gegen «Kaiser» Franz Beckenbauer (74) war bereits vergangenes Jahr wegen seines Gesundheitszustands abgekoppelt worden. Beim Fall geht es um die dubiose Rückzahlung eines 10-Millionen-Darlehens im Vorfeld der WM-Endrunde 2006 in Deutschland. Diese Fussballweltmeisterschaft ging als Sommermärchen in die Geschichte ein.
Zwanziger fordert Genugtuung
Die Verfahrenseinstellung bedeutet, dass der Staat für die Verfahrens- und Verteidigungskosten aufkommen werden muss. Es dürfte sich wohl jeweils um sechsstellige Beträge handeln, die zulasten der Schweizer Steuerzahler gehen.
Man werde einen entsprechenden Antrag stellen, sagt Anwalt Beat Luginbühl. Er vertritt Theo Zwanziger, den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fussball-Bunds (DFB). Luginbühl kündigt weiter an, eine Genugtuung zu beantragen – die Verteidiger der drei weiteren Beschuldigten dürften es ihm gleichtun.
Zudem prüft er eine Klage
Und das ist noch nicht alles. «Wir behalten uns weitere rechtliche Schritte vor», sagt Luginbühl. Angesichts der Fehler der Behörden müsse man eine Klage prüfen. Zwanziger hatte bereits zu Beginn des Prozesses in Bellinzona angekündigt, er wolle eine Anzeige gegen die zuständige Bundesstrafrichterin und möglicherweise weitere Personen einreichen. Er hat auch schon Ermittler in der Schweiz und in Deutschland angezeigt. Zwanziger wirft der Bundesanwaltschaft Willkür und Versagen vor.
Auch für Zwanziger sei die Einstellung des Verfahrens bitter, sagt sein Anwalt. «Wir waren überzeugt, dass die Voraussetzungen für einen Freispruch gegeben sind», so Luginbühl. «Nun wurde uns wegen der Fehler der Gegenseite die Möglichkeit eines Freispruchs genommen. Das ist sehr bedauerlich.»