«Äh ... nein!», sagte Cédric Wermuth (32), als er am Dienstag auf dem Bundesplatz gefragt wurde, ob er seine Stimme verkaufe. So wie der Aargauer SP-Nationalrat reagierten die meisten Passanten, denen Aktivisten von Swissaid ihre Stimme abkaufen wollten. Das Hilfswerk wollte damit auf Korruption im Rohstoffbusiness aufmerksam machen. Es bot Passanten afrikanisches Geld für eine Unterschrift unter ihre Petition an – und filmte sie dabei.
«Korruption ist unschweizerisch», stellte Swissaid nach der Aktion zufrieden fest. Denn die angefragten Berner und Politiker wie Wermuth, der den Aktivisten in der Mittagspause in die Arme lief, liessen sich nicht auf den Deal ein. «Die Irritation bei den Leuten war gross und wurde noch grösser, als sie den Grund für das ungewöhnliche Geschenk erfuhren», sagt Swissaid-Mediensprecherin Zora Schaad (36).
Anti-Korruptionsartikel im revidierten Aktienrecht gefordert
Für Swissaid ist klar: Dass die Schweiz als grösster Rohstoffhandelsplatz auf der Welt mit Ländern geschäftet, die keine Rechtsstaaten seien – sondern in denen Stimmen käuflich sind – geht nicht. «Gleichzeitig müssen Schweizer Rohstofffirmen ihre Zahlungen an staatliche Stellen im Ausland nicht offenlegen», empört sich Swissaid.
Im Parlament beissen die Befürworter eines Anti-Korruptionsartikels im Aktienrecht auf Granit. Die nationalrätliche Rechtskommission lehnte bisher alle Verschärfungsanträge ab. «Nun ist es am Nationalrat, in der Sommersession nachzubessern», so Swissaid.
Calmy-Rey und Del Ponte unterschrieben offenen Brief
Deshalb erhalten in diesen Tagen alle Nationalräte einen offenen Brief. Absender ist die «Gruppe für einen transparenten Handelsplatz Schweiz». Ihre prominentesten Mitglieder: die alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (72), die ehemalige Bundesanwältin und Uno-Chefanklägerin Carla Del Ponte (71), der frühere Tessiner Staatsanwalt und alt Ständerat Dick Marty (73), Strafrechtsprofessor Mark Pieth (65) und der einstige Preisüberwacher Rudolf Strahm (74).
Die Transparenz-Verfechter sind überzeugt, dass dank offengelegter Geldflüsse staatliche Ausgaben in Entwicklungsländern nachvollziehbar werden und so die Bevölkerung von den Gewinnen aus dem Handel profitiert.