Kohäsionsmilliarde und Küsschen für nix?
Juncker nimmt Schweizer Börse als Geisel

Wie du mir, so ich dir. Die Schweiz ist meisterhaft darin, bei Verhandlungen mit der EU sachfremde Dossiers zu verknüpfen. Die EU tut es ihr jetzt gleich: Sie macht Druck für ein Rahmenabkommen, indem sie den Schweizer Zugang zum Aktienhandel mit der EU auf ein Jahr befristet.
Publiziert: 19.12.2017 um 09:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:30 Uhr
Gute Miene zum bösen Spiel: Bundespräsidentin Doris Leuthard und Jean-Claude Juncker am 23. November in Bern.
Foto: Keystone

Im Frühjahr 2018 wollte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Rahmenabkommen ausgehandelt haben – einen Dachvertrag über alle Verträge zwischen der EU und der Schweiz. Bundespräsidentin Doris Leuthard lächelte beim Besuch Junckers in Bern die ehrgeizige wie einseitige Terminvorgabe vor den Medien diplomatisch weg. Denn der Bundesrat hatte es nicht dringend – im Wissen auch, dass der parlamentarische Weg in der Schweiz für einen solchen Vertrag Zeit braucht.

Der definitive Entscheid fällt morgen Nachmittag

Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten. Und das könnte die EU sein. Diese will nun nichts mehr von Junckers Versprechen wissen, dass sie die Schweizer Börsen in einer sogenannten Äquivalenzerklärung unbefristet als gleichwertigen Handelsplatz anerkennt. Wie «SRF» berichtet, sollen die EU-Mitgliedstaaten bis morgen Mittwochnachmittag einem revidierten Entwurf mit einer einjährigen Befristung zustimmen.

In Bern löst diese Kehrtwende definitiv Hektik aus. Die Parteien sind in Alarmstimmung, dass die EU einen neuen Hebel gefunden hat, damit die Schweiz das Rahmenabkommen nicht weiter verzögert. Die SVP fordert immer lautstarker, die Zusage für die Kohäsionsmilliarde zurückzuziehen und erneut als Druckmittel einzusetzen.

Wie viel Powerplay leistet sich die Schweiz?

Möglich wäre es: Denn solange das Dossier nicht als Botschaft ans Parlament überwiesen ist, kann sich der Bundesrat jederzeit anders entscheiden. Eine Unmutsbezeugung schloss Bundespräsidentin Doris Leuthard gestern gegenüber dem Westschweizer Fernsehen jedenfalls nicht aus.

Bundespräsidentin Doris Leuthard will erst denn Entscheid in Brüssel abwarten und dann Massnahmen treffen.
Foto: SALVATORE DI NOLFI

Doch zu viel Powerplay kann sich die Schweiz nicht leisten. Denn wenn die EU-Kommission morgen an ihrer letzten Sitzung 2017 nicht einmal den Einjahresvertrag gutheisst, sieht es böse für die Schweizer Börsen aus. Sie wären nicht mehr gleichwertig mit denjenigen der EU. Ab 3. Januar dürften an den inländischen Börsen keine Aktien mehr gehandelt werden, die sowohl in der Schweiz als auch in der EU kotiert sind. (awi)

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