Im Jahr 2015 kamen so viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie noch nie in die Schweiz. Viele haben keine Dokumente oder kommen aus Regionen ohne Geburtsregister.
Um das Alter dieser Flüchtlinge zu bestimmen, setzt das Staatssekretariat für Migration (SEM) vermehrt auf Handknochenanalysen: Ein Arzt röntgt die linke Hand des Asylsuchenden und legt aufgrund des Entwicklungsstadiums der Knochen ein Alter fest.
Die Methode ist in der Fachwelt höchst umstritten. Der oberste Kinderradiologe der Schweiz, Georg Friedrich Eich, hat kürzlich gar an seine Kollegen appelliert, diese nicht mehr anzuwenden.
«Streubreite des Knochenalters sehr gross»
Das Alter einer Person lasse sich mit der Handknochenanalyse nicht zuverlässig bestimmen, sagt Eich. «Die Methode ist nicht brauchbar, weil sie nicht für diese Fragestellung entwickelt wurde und weil die Streubreite des Knochenalters sehr gross ist.» Die biologische Uhr ticke bei jedem anders. Ein 17-Jähriger könne durchaus das Knochenalter von 19 Jahren aufweisen. Auch Krankheiten oder Fehlernährung könnten das Resultat verfälschen.
Gerade bei Jugendlichen ist diese Unschärfe problematisch. Zwei Jahre Unterschied entscheiden darüber, ob ein Flüchtling besonderen Schutz erhält oder abgeschoben wird.
Eich: «Wir raten dringend davon ab, die Handknochenanalyse zur Altersbestimmung weiter anzuwenden. Man sollte anhand anderer Parameter entscheiden, ob eine Person reif oder unreif ist.»