Nichts geht vorwärts in der Europapolitik. Hinter verschlossenen Türen diskutieren die Sozialpartner nach wie vor über Kompromisse in Sachen Lohnschutz – von einer Lösung scheinen sie weit entfernt. Und der Bundesrat meldete im Sommer nach Brüssel, dass man mit dem Text des Rahmenabkommens grundsätzlich leben könne, sich jedoch «Klärungen» wünsche.
Bis Mitte Mai, wenn die SVP-Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit zur Abstimmung kommt, ist kaum mit substanziellen Fortschritten zu rechnen, zumindest aus Schweizer Perspektive.
«Wer denkt, dass die EU einfach die Abstimmung über die Begrenzungs-Initiative abwartet, irrt sich aus meiner Sicht», sagt FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (56, ZH). «Zusatzvereinbarungen zum bestehenden Text sind möglich, aber niemand darf sich Illusionen machen.» Für Brüssel, so der Aussenpolitiker, sei das Abkommen fertig verhandelt. Auch die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (61) werde daran nichts mehr ändern. Brüssel scheint am Ende seiner Geduld. Was der Bundesrat rascher zu spüren bekommen dürfte, als ihm lieb ist. Mehrere Insider wissen, dass sich Mitglieder der Landesregierung am World Economic Forum (WEF), das vom 21. bis 24. Januar in Davos GR stattfindet, mit von der Leyen treffen werden.
Ob Präzisierungen möglich seien, muss sich zeigen
«Das Treffen mit dem Bundesrat wird stattfinden», bestätigt Elisabeth Schneider-Schneiter (55, CVP), die in den letzten zwei Jahren die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats präsidierte. Dieses Gespräch sei wichtig für die Schweiz, «denn wir müssen alles daransetzen, dass der bilate rale Weg nicht erodiert», so die Baselbieterin.
Schneider-Schneiter hat bereits bei der Versammlung der Europäischen Volkspartei Ende November in Kroatien mit von der Leyen und dem zuständigen EU-Kommissar Johannes Hahn (62) gesprochen. Auch sie glaubt, dass die EU-Spitze den vorliegenden Vertragstext nach wie vor als definitiv betrachtet. Ob weitere Präzisierungen möglich seien, werde sich zeigen.
«Dass der Bundesrat die Chance ergreift, um am WEF mit Frau von der Leyen zu diskutieren, begrüsse ich», sagt auch der freisinnige Portmann. «Es ist höchste Zeit, dass endlich im direkten Dialog mit der Spitze der EU-Kommission die Gespräche für Zusatzdeklarationen aufgenommen werden.»
Der Schweiz bleibe nicht viel Zeit. EU-Chefunterhändler: Christian Leffler erreicht im Sommer das Pensionsalter. «Ein allfälliger Nachfolger kann sich nicht über Nacht einarbeiten», sagt Portmann.