Kleinkredite: Konsumentenschützer sauer auf Ueli Maurer
«Das ist ein Freipass für die Banken»

Überschuldete Konsumenten sollen künftig beweisen müssen, dass sie von den Banken «absichtlich» in die Schuldenfalle gelockt worden sind. So will es Bundesrat Ueli Maurer. Für die Kantone könnte das zu finanziellen Problemen führen.
Publiziert: 09.09.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:12 Uhr
Bankenfreund: Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), will Kredithaie aus der Verantwortung entlassen.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Ein grösserer TV, das neuste Handy, eine schöne Reise: Kleinkreditbanken wie Cembra und die Bank Now versprechen schnelles Geld für die kleinen und grösseren Wünsche des Lebens.

Bevor diese Banken einen Kredit vergeben dürfen, müssen sie laut Gesetz prüfen, ob der Antragsteller auch kreditfähig ist und seine Schulden zurückzahlen kann. Können sie im Streitfall nicht nachweisen, dass sie diese Prüfung ordentlich durchgeführt haben, bleiben sie auf den Schulden sitzen. «Verstösst die Kreditgeberin in schwerwiegender Weise dagegen, so verliert sie die von ihr gewährte Kreditsumme samt Zinsen und Kosten», heisst es im Konsumkreditgesetz.

Beweislast soll umgekehrt werden

Bis jetzt. Finanzminister Ueli Maurer (66) will das Gesetz nämlich klammheimlich abändern. Neu soll die Kreditbank die Schulden nur noch abschreiben müssen, wenn sie die Kreditwürdigkeit «absichtlich» nicht abgeklärt hat. Das ist eine eigentliche Umkehr der Beweislast: Denn der säumige Schuldner müsste beweisen, dass die Bank ihn regelrecht in die Schuldenfalle gelockt hat. Was unmöglich ist.

Kein Wunder, begrüsst die Branche die Änderung: «Die nun vorgeschlagene Regelung würde zu mehr Klarheit führen», so eine Cembra-Sprecherin. Die bisherige Formulierung sei in höchstem Masse auslegungsbedürftig. Mehr Transparenz diene allen Marktteilnehmern.

Sorgfaltpflichten würden ausgehebelt

Prisca Birrer-Heimo, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz.
Foto: EQ

Anderer Ansicht ist die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. Damit würden die Sorgfaltspflichten der Bank ausgehebelt, sagt Prisca Birrer-Heimo (58). Der Vorschlag sei «ein Freipass für die Banken, da sie kaum Sanktionen zu befürchten haben, wenn sie bereits Überschuldeten einen Kredit verkaufen. Das kann nicht sein», so die Luzerner SP-Nationalrätin.

Dass Maurers Buebetrickli bis jetzt nicht bemerkt wurde, hat damit zu tun, dass es dazu nie eine Vernehmlassung gab. Denn der Vorschlag wurde direkt in die Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrats eingebracht. Erst auf Drängen einiger Kommissionsmitglieder wurde eine kurze Konsultation durchgeführt – zwei Wochen, mitten in den Sommerferien.

Die Dummen sind die Kantone

In der WAK konnte der Vorschlag ganz knapp verhindert werden, nur SVP und Teile der FDP waren dafür. Doch im Nationalrat, wo die beiden Parteien eine hauchdünne Mehrheit haben, könnte es eng werden, befürchtet Birrer-Heimo: «Ich hoffe, dass es zumindest in der FDP ein paar Leute gibt, die den Überschuldungsschutz noch ernst nehmen.»

Das sollte auch den Kantonen ein Anliegen sein, sagt sie: «Wenn die Leute überschuldet sind, werden nämlich oft zuerst Steuern und Krankenkassenprämien nicht bezahlt.» Und dafür müssen dann die Kantone geradestehen.

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