Die Schweiz bekommt einen neuen Aussenminister
Jetzt muss Ignazio Cassis seine EU-Versprechen einlösen

Publiziert: 22.09.2017 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:50 Uhr
Der Bundesrat hat sich geeinigt: Ignazio Cassis (2.v.r.) wird Aussenminister. Die anderen Bundesräte bleiben bei ihren Departementen.
Foto: KEYSTONE/KEYSTONE / POOL/KARL-HEINZ HUG

Cassis freue sich, das EDA zu übernehmen, heisst es in der Mitteilung des Bundesrates. Darin lässt sich Cassis mit folgenden Worten zitieren: «Es ist mir eine Ehre die Schweiz, ihre Institutionen, ihr demokratisches System sowie ihre vielfältige Kultur im internationalen Umfeld vertreten zu dürfen. Ich habe grossen Respekt vor dieser verantwortungsvollen Aufgabe der Aussenpolitik und freue mich, dieses Amt schon bald zu übernehmen.»

Eine erste Bilanz über seine Tätigkeit will Cassis nach hundert Tagen ziehen. Bis dahin wolle er sich nicht zu seinen Aufgaben äussern, schreibt der Bundesrat.

Cassis erbt das EU-Dossier, an dem sich der scheidende Bundesrat Didier Burkhalter die Zähne ausgebissen hat. Entscheiden wird - wie immer - der Gesamtbundesrat. Mit Cassis könnten sich jedoch die Akzente verschieben.

Schon vor seiner Wahl hatte der Tessiner für eine Kursänderung plädiert. Am Tag seiner Wahl sprach er von einem «Reset-Knopf», den es zu drücken gelte. Der bilaterale Weg müsse konsolidiert und ausgebaut werden, sagte er. Dazu seien gewisse institutionelle Fragen zu lösen. Das Wort «Rahmenabkommen» aber sei derart vergiftet, dass man damit nichts mehr anfangen könne.

Cassis will indes nicht bloss die selbe Sache anders benennen. Angepasst werden müssten das Gefäss und der Inhalt, sagte er. Auf Fragen zu Inhaltlichem blieb er vorerst allerdings vage.

Cassis muss jetzt liefern

Fest steht, dass die Erwartungen an den neuen Aussenminister im EU-Dossier gross sind: Zum einen soll er mit der EU Lösungen finden, zum anderen soll er dafür sorgen, dass diese im Inland akzeptiert werden. Didier Burkhalter war vorgeworfen worden, den innenpolitischen Sensibilitäten zu wenig Rechnung zu tragen.

Einen Grundsatzentscheid zum weiteren Vorgehen will der Bundesrat demnächst fällen. Vor der Sommerpause hatte er angekündigt, er wolle die Situation im Herbst neu beurteilen und dabei auch der Stand der Verhandlungen in anderen EU-Dossiers berücksichtigen. Die Lagebeurteilung könnte der Bundesrat noch vornehmen, bevor Ignazio Cassis im November sein Amt antritt. Bis Ende Oktober ist Didier Burkhalter Aussenminister.

Zu den Knackpunkten in den Verhandlungen mit der EU gehört der Mechanismus zur Streitbeilegung. Das Verhandlungsmandat des Bundesrates sieht dafür den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, der das Recht verbindlich interpretieren soll. Die Lösung würde im Gemischten Ausschuss diskutiert.

Der Entscheid, dass Cassis das Aussendepartement erbt, war allgemein erwartet worden. Nach dem ersten Wahlgang der Bundesratswahl hatte CVP-Chef Gerhard Pfister gegenüber BLICK diesen Ausgang prophezeit. Er argumentierte, dass eine grössere Rochade bei den Departementen wohl erst dann folgen wird, wenn über die Nachfolge von Doris Leuthard (CVP) und Ueli Maurer (SVP) geregelt werde. Im Gegensatz dazu hatte SVP-Chef Albert Rösti nach der Wahl von Cassis von «alle Optionen offen halten» schwadroniert. Und Ambitionen der SVP auf andere Departemente offengelegt. Im Duell SVP-CVP blieb jetzt offenbar Pfister Sieger.

Cassis selbst hatte sich in den Hearing vor allem als Mann präsentiert, der die verfahrene Situation im Inland (grosse Opposition gegen ein Rahmenabkommen) und im Ausland (die EU, die Druck macht, dass die Bilateralen Verträge genau dahin entwickelt werden) wieder entspannen kann. Darum wird er jetzt wohl sehr schnell einen neuen Ansatz liefern müssen. (sda/hlm)

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