Keine Mindeststrafe mehr bei «Fahrlässigkeit»
Muss Sommaruga das Rasergesetz aufweichen?

Seit sieben Jahren werden Raser hart angefasst. Doch damit ist bald Schluss. Denn das Parlament fordert eine Aufweichung.
Publiziert: 10.07.2019 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
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Sie muss das Rasergesetz lockern: Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga. Das Parlament hat einen klaren Auftrag gegeben.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Sie blochten mit ihren Boliden im wahnwitzigen Tempo auf einer 80er-Strecke bei Suhr AG. Fürr ihren Tempo-Exzess droht Mehmet B. (22) und Milutin S. (20) nun eine hohe Strafe.

Denn seit 2013 werden Raser vom Gesetz härter angefasst: Ihnen droht mindestens eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr, zudem wird ihnen der Fahrausweis für mindestens zwei Jahre entzogen.

Noch. Im Auftrag des Parlaments tüftelt die Bundesverwaltung an einer Aufweichung des Gesetzes. Denn die Kritik an den strengen Regeln für Raser liess nicht lange auf sich Warten: Schon 2015, zwei Jahre nach Inkrafttreten, verlangte der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (57) ein erstes Mal Lockerungen. Er setzte sich zwar nicht durch, doch die Verkehrskommission des Ständerats doppelte 2017 erfolgreich nach – sowohl Ständerat und Nationalrat beauftragten die Regierung mit einer Aufweichung.

Mehr richterliches Ermessen

Hauptanliegen ist, Richtern mehr Ermessensspielraum beim Strafmass zu geben. Die starren Grenzwerte würden zu unverhältnismässigen Strafen führen, so die Politik. Ein «fahrlässiger» Raser werde heute ebenso hart bestraft wie jemand, der «vorsätzlich» rast.

In der Praxis führe das zu Fällen von «unbescholtenen Bürgern», die «absolut unverhältnismässig hart» bestraft worden seien, hiess im Nationalrat etwa. «Ein Ersttäter auf einer leeren Autobahn bei guter Witterung, der niemand ausser sich selbst konkret gefährdet oder der eine temporäre Temporeduktion übersehen hat, soll nicht übermässig verurteilt werden», so der Berner SVP-Nationalrat Manfred Bühler (40).

«Etwas übertrieben»

Selbst Linke wie der SP-Ständerat Daniel Jositsch (54) – der im Komitee der Volksinitiative bei Rasern erst dafür sorgte, dass die Schrauben angezogen wurden – sprechen sich heute für eine Lockerung aus. Bei der Einführung des Rasertatbestands habe man «im guten Willen etwas übertrieben und dem Richter in der Praxis jede Möglichkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung genommen», so Jositsch in der Parlamentsdebatte.

Spätestens nächstes Jahr wird der Bundesrat seine Vorschläge präsentieren. Viel Spielraum hat er dabei nicht: Das Parlament verlangt, dass die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gestrichen wird – und künftig nur noch eine Höchststrafe von fünf Jahren vorgesehen ist. Zudem soll der Fahrausweis nicht mehr für zwei Jahre entzogen werden, sondern nur noch für sechs Monate.

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