19. März 1944: Nazi-Deutschland fällt in Ungarn ein. Die Deportationen von ungarischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz beginnen im grossen Stil.
In Ungarns Hauptstadt Budapest ist der Schweizer Carl Lutz stationiert. Zusammen mit anderen Diplomaten – unter anderem dem Schweden Raoul Wallenberg – führt er die grösste Rettung von Juden während des Zweiten Weltkriegs durch.
Schutzbriefe retteten Zehntausende
62'000 Juden rettet der Appenzeller vor der Deportation und dem sicheren Tod. Indem er Schutzbriefe ausstellt, die den verfolgten Juden die Möglichkeit zur Ausreise geben.
Der Schweizer hat zwar die Erlaubnis, 7800 Menschen ausreisen zu lassen. Doch er interpretiert die Zahl anders. Beim gefährlichen Manöver stuft er Familien als Einheiten ein – so kann ein Vielfaches an Personen fliehen.
Dennoch: Von den etwa 800'000 Juden, die im Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet Ungarns lebten, hatten bis zum Einmarsch der Roten Armee nur etwa 204'000 überlebt.
Vom Bundesrat gerügt
Für Lutz sollte seine Heldentat für den Rest seines Lebens zu einer Bürde werden. Zurück in der Schweiz, erhielt er vom Bundesrat eine offizielle Rüge für seine «Kompetenzüberschreitung» in Budapest.
Um seine Rehabilitierung kämpft er zu Lebzeiten umsonst. Sie erfolgt erst 1995 – zwei Jahrzehnte nach seinem Tod. Diesen Februar wird schliesslich ein Sitzungssaal im Bundeshaus nach ihm benannt.
Gesellschaft verwaltet jetzt sein Vermächtnis
Und heute wird nun die Carl Lutz Gesellschaft als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Bern gegründet. Über zwanzig Jahre hat Agnes Hirschi (80) sein Vermächtnis alleine vertreten.
Hirschi ist seine Adoptivtochter. Als im Sommer 1944 das damals siebenjährige Mädchen und ihre Mutter hätten deportiert werden sollen, stellte Lutz die Mutter Magdalena Grausz als Haushaltshilfe ein. Nach dem Krieg heirateten sie und zogen in die Schweiz.
«Man braucht immer einen Schutzengel», sagte Hirschi kürzlich der «Luzerner Zeitung». «Meiner hiess Carl Lutz.»