Israelitischer Gemeindebund über Nazi-Satz empört
«Blocher banalisiert die Judenverfolgung»

In einem Interview vergleicht Christoph Blocher die Berichterstattung der Schweizer Medien über die Durchsetzungsinitiative mit den «Methoden der Nationalsozialisten gegenüber den Juden».
Publiziert: 17.04.2016 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:55 Uhr
Kennt sich mit der Historie eigentlich aus: Christoph Blocher anlässlich seiner «Hodler, Anker, Giacometti»-Ausstellung in Winterthur.
Foto: Keystone
Thomas Benkö
SA-Männer mit einem Boykott-Plakat vor einem jüdischen Geschäft in den 30er-Jahren.

Gestern sagte Christoph Blocher (75) im Interview mit dem Chefredaktor der «Zürichsee Zeitung», dass die SVP keine Oppositionspartei sei. Man könnte also meinen, die Partei habe sich beruhigt und müsse nicht mehr um jeden Preis provozieren. Weit gefehlt. Denn etwas weiter unten im Interview folgt ein völlig deplatzierter Judenvergleich.

Eigentlich ging die Frage darum, warum Blocher als neuer Partei-Chefstratege für weniger Initiativen von Seiten der SVP plädiert.

Darauf sagte der alt Bundesrat: «Wenn alle Medien und die übrigen Parteien nur noch das Ziel haben, die SVP zu verleumden, zu diskriminieren und niederzumachen – in erster Linie aus Neid und Missgunst –, stimmt man nicht mehr über Sachfragen ab.»

Und dann setzt er noch einen drauf: «Hierin hat der Abstimmungskampf über die Durchsetzungsinitiative einen nie gekannten Höhepunkt erreicht. Der Kampf gegen die SVP vonseiten der Staatsmedien und von ‹Blick› bis zur ‹NZZ› hat mich in ihrer ­Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert.»

Starker Tobak. Zumal eine kritische Nachfrage des Interviewers der «Zürichsee-Zeitung» ausbleibt.

Aber der Vergleich bleibt hängen: Die Gegner der Durchsetzungsinitiative hätten also die SVP mit denselben Methoden behandelt, wie die Nazis die Juden? Im Ernst?

«Kein grosses Geschichtsverständnis»: Kreutner über Blocher.

Beim Israelitischen Gemeindebund ist man empört: «Leider werden solcherlei Vergleiche, die die nationalsozialistische Judenverfolgung banalisieren, immer wieder geäussert», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner zu BLICK. «Das zeugt von keinem grossen Geschichtsverständnis.»

Zur Erinnerung: Auf der einen Seite gehts um eine politische Initiative, gegen deren Auswirkungen die Medien vor allem inhaltlich argumentiert haben. Auf der anderen Seite um Hitlers Holocaust, bei dem sechs Millionen Juden getötet wurden.

Auf Social Media entbrannte darauf eine heftige Debatte. Auch Medienprofessor und SRG-Ombudsmann Roger Blum schaltete sich ein. Für ihn ist die die unwidersprochene Blocher-Antwort im Interview «ein Tiefpunkt des Schweizer Journalismus».

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