Initiative gegen Massentierhaltung kommt zustande
Jetzt kommt der nächste Bauernschreck aus Bern

18'000 Hühner in einer Halle sind ihnen zu viel: Tierrechtler wollen die Massentierhaltung in der Schweiz verbieten. Eine entsprechende Initiative hat die erste Hürde genommen.
Publiziert: 07.07.2019 um 23:10 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2019 um 09:14 Uhr
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Meret Schneider ist Co-Geschäftsleiterin von Sentience Politics. Der Tierrechtsverein hat die Massentierhaltungs-Initiative lanciert.
Foto: zvg
Lea Hartmann

Die Bauern stehen politisch unter Druck. Nach den Initiativen für Hornkühe, Fair Food und Ernährungssicherheit, die letztes Jahr zur Abstimmung gekommen sind, schlottern den Landwirten derzeit angesichts der beiden Pestizid-Initiativen die Knie. Und der nächste Bauernschreck folgt sogleich: die Abschaffung der Massentierhaltung.

Denn die Volksinitiative, die der industriellen Tierhaltung einen Riegel schieben will, kommt zustande. «Wir haben 124'000 Unterschriften zusammen, die nun von den Gemeinden beglaubigt werden», sagt Kampagnenleiterin Meret Schneider (26), Co-Geschäftsleiterin des Tierrechtsverein Sentience Politics. Das reicht in aller Regel, um nach Abzug der ungültigen Unterschriften die 100'000er-Grenze zu knacken. Im September soll die Initiative offiziell eingereicht werden. 

Bio-Richtlinien für alle

Ihr Anliegen stosse in der Bevölkerung auf viel Anklang – mehr als erwartet, zieht Schneider Zwischenbilanz. «Besonders überrascht war ich, wie viele Menschen mir gesagt haben, dass sie sowieso finden, wir würden zu viel Fleisch essen und dass dieses zu billig ist», sagt Schneider, Zürcher Nationalratskandidatin der Grünen. Sie stelle fest: «Beim Thema Massentierhaltung besteht heute eine sehr viel höhere Sensibilität als noch vor ein paar Jahren.»

Würde das Volksbegehren angenommen, müssten die Bauern bis spätestens in 25 Jahren ihre Produktion umstellen. Neu sollen für alle Tierhalter ähnliche Richtlinien wie diejenigen von Bio Suisse gelten. Im Gegensatz zur konventionellen Tierhaltung bedeutet das unter anderem mehr Platz und zwingenden Auslauf ins Freie. Pro Schwein ist beispielsweise eine Liegefläche von 1,65 Quadratmetern vorgesehen – bei Nicht-Bio-Betrieben sind es nur 0,9.

Bauern warnen vor höheren Preisen

Schneider betont, dass sie für die Situation heute nicht den Bauern die Schuld in die Schuhe schieben wolle. «Sehr viele Landwirte befinden sich in einer unglaublich schwierigen Lage: Sie arbeiten extrem viel und bekommen ständig aufs Dach», sagt sie. «Nichtsdestotrotz sind die heutigen Standards für Tiere und Umwelt verheerend.»

Der Bauernverband sieht das ganz anders. Von Massentierhaltung könne man in der Schweiz gar nicht sprechen, so die Position von Präsident Markus Ritter (52). Die Tierschutzgesetze in der Schweiz gehörten schon jetzt weltweit zu den strengsten. Die Landwirte warnen zudem vor happigen Preisaufschlägen, sollte die Initiative durchkommen.

Die Initianten, zu denen auch die bekannte Umweltaktivistin Vera Weber (44) gehört, machen sich auf einen harten Abstimmungskampf gefasst. Schneider ist sich bewusst: «Die Arbeit fängt jetzt erst richtig an.»

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