Im Aargau siegt der Hardliner
Wer ist der Glarner der SVP Schweiz?

Die Präsidiumswahlen im Aargau haben es gezeigt: Die SVP-Basis sehnt sich nach mehr Härte und ein bisschen Krawall – und wählte Andreas Glarner. Nun mehren sich die Stimmen, dass auch die SVP Schweiz einen Glarner brauche. Nur: Wer soll das sein?
Publiziert: 16.01.2020 um 16:48 Uhr
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Nationalrat Andreas Glarner ist der neue Präsident der SVP Aargau. Einen wie ihn wünschen sich einige auch an der SVP-Schweiz-Spitze.
Foto: Keystone

Andreas Glarner (57) heisst der neue Parteipräsident der SVP Aargau. Der Hardliner aus Oberwil-Lieli hat sich am Mittwochabend sehr klar gegen Rolf Jäggi (51) aus Egliswil durchgesetzt.

Eine Überraschung. Beobachter waren davon ausgegangen, dass der gemässigte Jäggi das Rennen macht. Doch die Aargauer Basis sehnte sich nach den Abstimmungs- und Wahlniederlagen der letzten Jahre offenbar nach einer härteren Gangart.

Köppel fordert jemanden, der einschüchtert

Gut möglich, dass die Aargauer Basis hier für viele Kantonalsektionen und gar die SVP Schweiz steht, die sich ebenfalls auf der Suche nach einem neuen Präsidenten befindet. Und die sich damit schwertut. Klar ist allen: Der ausgleichende Kurs des netten Albert Rösti (52) ist vorbei.

Nationalrat Roger Köppel (54), nah an der SVP-Schaltzentrale in Herrliberg ZH, fordert in der aktuellen «Weltwoche» denn auch einen Präsidenten, der «Charisma» habe und «Einschüchterungskompetenz, die den anderen Parteien wieder Furcht einflösst». Der Zürcher Nationalrat Mauro Tuena (48) sekundiert ihn im «Bund»: «Unsere Leute wollen einen harten Kurs, mit Nettigkeiten kann man nur verlieren.»

Hart in der Sache – und ein bisschen Krawall

Fürs Knallharte steht Glarner: Sein Thema ist die Migrationspolitik – gegen Ausländer und Asylsuchende will er strikt vorgehen. So warnte er 2017 schon vor einem (bis jetzt allerdings ausgebliebenen) «absehbaren Ansturm von Wirtschaftsmigranten aus Afrika», die auch noch Krankheiten wie Tuberkulose und Lepra in die Schweiz «einschleppen» würden.

Glarner fokussiert sich damit auf das Thema, das die SVP gross gemacht hat. Der Kampf gegen Ausländer und das Ausland hat ihre Politik dominiert, als die SVP zur grössten Partei aufstieg.

Doch nicht nur thematisch knüpft Glarner an jene goldenen Jahre an. Er macht zudem auch Schlagzeilen vor allem mit Provokationen – wenn er etwa die Handynummer einer Lehrerin veröffentlicht, die muslimische Kinder an einen schulfreien Tag erinnert hat, oder wenn er sich enerviert, dass Vereine aus Rücksicht auf andere Religionen auf Cervelat verzichten.

Blocher, Mörgeli und Schlüer als Vorbilder

Harte Linie und ein bisschen Krawall: Das ist das Erfolgsrezept von Andreas Glarner – das er sich bei den Vätern des SVP-Aufstiegs abgeschaut hat. «Erfolg hatte die SVP, als Leute wie Christoph Blocher, Christoph Mörgeli und Ueli Schlüer marschiert sind», sagte er denn auch zu BLICK. «Keine Weichspüler, sondern Leute, die etwas riskiert haben.»

In der Tat gehörte und gehört gezielte Provokation zum Werkzeugkasten der Genannten. Wenn Blocher etwa damals als amtierender Justizminister ausgerechnet in der Türkei die Antirassismus-Strafnorm kritisierte, Mörgeli die SP in die Nähe von Faschisten rückte oder Schlüer palästinensische Flüchtlinge als «Abschaum» und «elendes Schlägerpack» bezeichnete. Das waren die Zeiten, als die SVP die anderen Parteien vor sich hertrieb und von Wahlerfolg zu Wahlerfolg eilte.

Wer wäre Glarner nationales Pendant?

Nur: Ein weiterer Typ Glarner ist auf nationaler Ebene nicht in Sicht. Köppel selbst wäre so jemand – im Kandidatenreigen taucht sein Name aber nicht auf. Und in denen, die im Gespräch sind, kann man kaum einen Glarner erkennen.

  • Favorit Marcel Dettling (38) aus Schwyz gilt als bodenständig und gesellig. Doch auch wenn sein hitziges Temperament hin und wieder durchscheint – ein Polteri scheint er nicht zu sein.
  • Banker Thomas Matter (53) wendet sich zwar jede Woche auf seinem Youtube-Kanal «In den Sümpfen von Bern» an die SVP-Wähler. Gut platzierte und mit Überzeugung vorgetragene Provokationen sucht man jedoch vergebens.
  • Die Baselbieterin Sandra Sollberger (46) ist eher eine Frau des bürgerlichen Schulterschlusses und niemand, der FDP und CVP vor sich hertreiben will.
  • Und die Obwaldnerin Monika Rüegger (51), die jüngst bei der SVP-Kadertagung in Bad Horn TG lanciert wurde, ist ein unbeschriebenes Blatt. Bei ihr kann man zumindest hoffen, dass ihr schon legendärer fester Händedruck bedeutet, dass die zupacken kann.

Also kein Glarner für die SVP Schweiz in Sicht? Zumindest sehen das auch SVPler so. Kein Wunder, fleht die «Weltwoche» in ihrer aktuellen Ausgabe Bundesrat Ueli Maurer (69) an, das Präsidium wieder zu übernehmen. Schliesslich führte er die SVP von 1996 bis 2008 äusserst erfolgreich. Maurer ist nicht nur ein guter Stratege, sondern auch ein Meister der Provokation, vor dem nicht einmal beliebte Bundesräte wie Adolf Ogi (77) sicher waren. Aber wahrscheinlich hat er ja «kei Luscht». (sf)

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