Am heutigen Montag um 13 Uhr beginnt im Präsidentenpalais in Helsinki ihr erster Sologipfel: Donald Trump und Wladimir Putin. Zwei Polit-Egomanen – endlich allein im Rampenlicht. Und das auch noch an einem historisch vorbelasteten Ort!
Bis zur bolschewistischen Revolution war der Palast im Herzen Helsinkis die finnische Residenz der russischen Zaren. Der ehemalige KGB-Offizier Putin wird als «Erbwalter» zaristischer Grossmachtträume versucht sein, den heimlichen Hausherrn zu geben.
Auch weil hier begann, was Putin die «grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts» nennt. Mit der Unterzeichnung der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) am 1. August 1975 nahm das schleichende Ende der Sowjetunion seinen Anfang. Die Europäische Union, in der heutigen Form ebenfalls ein «Nebenprodukt» von Helsinki, ist Putin auch deshalb schon lange ein Dorn im Auge.
Gemeinsam gegen Europa?
Zumindest in diesem Punkt dürfte Einigkeit herrschen zwischen den beiden Präsidenten. Die auch von der KSZE mitgeprägte multilaterale Weltordnung ist dem US-Präsidenten ein Graus. Der nach eigener Einschätzung «beste Dealmaker aller Zeiten» möchte die USA aus der Zwangsjacke internationaler Verträge befreien. Erst noch in der vergangenen Woche in Brüssel und London brüskierte, ja beleidigte Trump seine Nato-Partner und die EU.
Das also ist die Ausgangslage, wenn Trump und der Präsident der Russischen Föderation sich heute gleich drei Mal gegenübersitzen. Zuerst bei einem nur von Dolmetschern begleiteten Gespräch unter vier Augen. Dann beim Arbeitstreffen der beiden Delegationen und schliesslich zu einem Arbeitsessen.
Ob es am Ende ein offizielles Schlussdokument und eine gemeinsame Pressekonferenz geben wird, ist noch unklar.
Bauch-Entscheider gegen kühlen Analytiker
In der «Washington Post» beschrieb der ehemalige US-Vizeaussenminister Strobe Talbott am Sonntag die übliche Vorbereitung solcher Gipfeltreffen. Alles drehte sich um drei Kernfragen: Was wollen die USA? Was die andere Seite? Und was beide gemeinsam?
Talbott ist sicher, dass der ehemalige Geheimdienstler Putin bestens informiert nach Helsinki kommt. Trump dagegen liegt mit seinem Team über Kreuz. Sein Sicherheitsberater John Bolton, Verteidigungsminister Jim Mattis und Geheimdienstchef Dan Coats warnen wie viele andere, dass der Kreml an der Zerstörung der liberalen westlichen Demokratien arbeitet.
Trump leugnet dieses Szenario ebenso wie den Verdacht, dass Internet-Trolle des Kremlchefs seine Wahl zum Präsidenten beeinflusst haben könnten. Statt auf Fakten und ermüdende Strategiesitzungen vertraut er lieber seinen aus dem «Bauch» geborenen Blitzentscheidungen.
Gute Gründe für den Gipfel
Drei Tage vor Helsinki erhob Sonderermittler Robert Mueller Anklage gegen zwölf Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Wie immer hat der Kreml geleugnet. Trump empfand den Zeitpunkt als Versuch seiner Gegner, den Gipfel im letzten Moment noch zu stoppen. Ein gutes Verhältnis zwischen ihm und Putin sei wichtig für die Welt insgesamt.
Denn zu bereden gäbe es in der Tat sehr viel. Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist so schlecht wie seit vielen Jahren nicht mehr.
Was steht auf der Tagesordnung?
Putin hofft zumindest auf eine Lockerung der internationalen Sanktionen und damit auf eine indirekte Anerkennung der Krim-Annektion. Der Russe möchte auch die Erweiterung von EU und Nato etwa in die Ukraine verhindern und seine Einflusssphäre im Nahen und Mittleren Osten behaupten. Am liebsten sähe er den Abzug amerikanischer Elite-Einheiten aus Syrien und dem Irak.
Wird Putin dafür, wie Trump hofft, die politischen Ziele der USA in Nordkorea und dem Iran unterstützen? Lässt sich der Russe auf das nukleare Abrüstungsprogramm «New START» ein? Könnte Trump Moskau im Handelsstreit mit China und der EU gar auf die amerikanische Seite ziehen?
Trump setzt auf sein emotional gesteuertes Talent des «Dealmakers». Aber nicht nur die Europäer fürchten, dass das Ego des Präsidenten dem schmeichelnden Charme Putins erliegen und Trump vom eiskalten Analytiker Putin über den Tisch gezogen wird.
Nicht zugunsten, sondern zum Schaden der freien Welt.