Die unendliche Geschichte eines möglichen Rahmenabkommens der Schweiz mit der EU wird heute um ein Kapitel reicher. FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (57) schlägt seinen Regierungskollegen leichte Anpassungen des Verhandlungsmandats vor, wie Quellen gegenüber BLICK bestätigen.
Worum geht es? Mit einem Rahmenabkommen wollen die Schweiz und die EU regeln, wie die bilateralen Verträge weiterentwickelt und wie ihre Einhaltung überwacht wird. Auch soll festgeschrieben werden, wie Streitigkeiten ausgefochten werden.
Doch die Verhandlungen stocken. Nicht nur bei der Frage der Streitbelegung. Oder dem Umgang mit arbeitslosen EU-Bürgern. Auch Schweizer Eigenheiten bezüglich Lohnschutz sind Stolpersteine. Deshalb will Cassis jetzt seinem Chefunterhändler Roberto Balzaretti (50) erlauben, über Alternativen zu den bestehenden Lohnschutz-Massnahmen zu verhandeln – also die sogenannten flankierenden Massnahmen anzupassen.
Kaution bis 10'000 Franken
Konkret will Cassis der EU bei der Acht-Tage-Regel und der Kaution entgegenkommen. Erstere schreibt vor, dass ausländische Arbeiter mit einem Auftrag in der Schweiz sich mindestens acht Tage vor Arbeitsbeginn anmelden müssen. Damit Lohnkontrollen möglich sind. Um Vergehen auch ahnden zu können, müssen ausländische Unternehmen zudem eine Kaution hinterlegen. Sie betragen je nach Auftragsvolumen bis zu 10'000 Franken.
Cassis hat bereits vor knapp zwei Wochen in einem Interview laut über seinen Plan nachgedacht, dass er diese rote Linie zur Disposition stellt. Gestern hat er die Gewerkschaften informiert. Diese laufen zusammen mit der SP und den Grünen Sturm gegen eine mögliche Aufweichung des Lohnschutzes. Und die SVP stellte sich grundsätzlich gegen das Rahmenabkommen: Das wäre das Ende der Schweizer Unabhängigkeit, sagt SVP-Chef Albert Rösti (50) im BLICK-Interview.