Der 11.11.2011 ist ein Datum, das bei manch einem Ehepaar aufgrund der einprägsamen Schnapszahl auf der Rückseite der Trauringe eingraviert ist. Im Falle von Martin Bäumle (52), Präsident der Grünliberalen und Finanzvorsteher Dübendorfs, findet sich das Datum als Tattag auf der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich wieder. Ihr Vorwurf: Amtsgeheimnisverletzung. Morgen muss sich der Politiker deshalb vor dem Bezirksgericht Uster verantworten.
An dem neblig-grauen Freitagmorgen vor viereinhalb Jahren hatte Bäumle zwei Dokumente in den Briefkasten vor seiner Wohnung gelegt. Er deponierte sie dort für einen Journalisten des «Anzeigers von Uster», der sie wenig später abholen sollte. Denn was in den Unterlagen stand, war aus Sicht des Stadtrats brisant – und sollte deshalb an die Öffentlichkeit. Es handelte sich um die Kopien von Betreibungsregisterauszügen zweier Firmen eines Grundstückbesitzers, der in Dübendorf eine Überbauung plante. Herzstück des Bauprojekts bildete ein Hochhaus, das mit einer geplanten Höhe von 114 Metern eines der höchsten Gebäude der Schweiz hätte werden sollen.
Aus den Dokumenten ging hervor, dass gegen die Firmen über 70 Betreibungen von insgesamt über acht Millionen Franken offen waren. Ein gefundenes Fressen für Bäumle, dessen Partei mit das Referendum gegen den privaten Gestaltungsplan ergriffen hatte.
SVP-Präsident reichte Anzeige ein
Mit der Weitergabe der Unterlagen hat Stadtrat Bäumle aus Sicht der Staatsanwaltschaft gegen die Verschwiegenheitspflicht verstossen. Die Strafuntersuchung war ins Rollen gekommen, nachdem der damalige Dübendorfer SVP-Präsident Anzeige gegen Bäumle eingereicht hatte. Das Verfahren zog sich hin und wurde schliesslich eingestellt. Doch der Grundeigentümer legte beim Obergericht erfolgreich Rekurs ein, weshalb es nun doch zum Prozess kommt.
Bäumle hat laut Anklageschrift gewusst, dass es sich um Informationen mit einem «geheimen, der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglichen Charakter» gehandelt habe. Er habe ausserdem darauf gebaut, dass der Journalist sie publik mache – was dieser schliesslich auch tat. Zwei Wochen nach der Veröffentlichung lehnten die Dübendorfer den Gestaltungsplan an der Urne mit 54 Prozent der Stimmen ab.
Welches Strafmass der Staatsanwalt für Bäumle fordert, wird er erst morgen bekannt geben. Und auch der GLP-Präsident will sich im Vorfeld des Prozesses nicht äussern. Zu Radio SRF sagte Bäumle im April, er sei überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben. Schliesslich habe dies anfangs auch die Staatsanwaltschaft so beurteilt.