Die Daten von Gewerkschaftsmitgliedern sowie von Sozialhilfeempfängern sollen von der Liste besonders schützenswerter Daten gestrichen werden. Das schlägt die Staatspolitische Kommission des Nationalrats vor. Im Plenum wird das Geschäft in der kommenden Herbstsession behandelt.
Das Geschäft ist hochbrisant. Auch weil die Staatspolitische Kommission mit unterschiedlichen Ellen misst. Denn während Sozialhilfebezüger und Gewerkschaftsmitglieder den bisher gewährten Datenschutz verlieren könnten, sollen Raser, die den Führerschein abgeben müssen, weiterhin besonders geschützt bleiben.
Interesse der Öffentlichkeit?
Warum sollen Raser grösseren Datenschutz geniessen als Sozialhilfebezüger? In einer Mitteilung spricht die Kommission von einem «Interesse der Öffentlichkeit», ob jemand Sozialhilfe beziehe. SP-Nationalrat Angelo Barrile (43), selber Mitglied der Staatspolitischen Kommission, befürchtet, dass in einem nächsten Schritt schwarze Listen im Internet aufgeschaltet werden könnten. «Mit einer solchen Anprangerung sollen Sozialhilfebezüger unter Druck gesetzt und potenzielle weitere Bezüger davon abgehalten werden, diese Hilfe überhaupt in Anspruch zu nehmen.»
«Quatsch», entgegnet Barbara Steinemann (43). Die SVP-Nationalrätin ist ebenfalls Mitglied der Staatspolitischen Kommission. «Niemand wird einfach die Namen von Sozialhilfebezügern ins Netz stellen.» Es gehe darum, den Austausch zwischen den Behörden zu erleichtern. Wie ist denn die Rede vom «Interesse der Öffentlichkeit» zu verstehen? Barbara Steinemann: «Ein öffentliches Interesse besteht zum Beispiel im Fall des Irakers, der in Brugg AG seiner Tochter den Schädel gebrochen hat.» Die Öffentlichkeit müsse wissen, dass dieser Mann seit Jahren Sozialhilfe beziehe. «Schliesslich finanziert sie das.» Und was soll die Öffentlichkeit tun, wenn sie erfährt, dass ein Gewalttäter Sozialhilfe bezieht? «Dafür sorgen, dass ihm die Sozialhilfe gestrichen wird», sagt Steinemann.
Schweiz zu wenig transparent
Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission teilt Steinemanns Forderung nach mehr Transparenz in der Sozialhilfe. Ist das ein Trend? Wie steht es denn um die Transparenz in der Schweiz? «Nicht wie sie sein sollte», sagt Martin Hilti (45), Geschäftsführer von Transparency International Schweiz. «Das betrifft besonders die Politik. Im Gegensatz zum Rest Europas fehlen uns gänzlich Regeln zur Transparenz der Finanzierung von Wahlen, Abstimmungen und Parteien.»
Die sogenannte Transparenz- Initiative, eine Volksinitiative von SP, Grünen und BDP, versucht diesen Missstand im Bereich der Parteispenden zu beheben. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission dagegen ist offenbar der Ansicht, bezüglich Transparenz in der Schweiz müsse man bei den Sozialhilfebezügern anfangen.