Geheimdienst rüstet auf – Zürich, Genf und Bern sind Spitzenreiter
Kantone kriegen mehr Spione

Der Geheimdienst wächst weiter. Nicht nur beim Bund, sondern auch in den Kantonen. Der Bund zahlt dieses Jahr 18 Millionen Franken an die Kantone – doppelt so viel wie noch 2014. Auch der Informationsaustausch mit ausländischen Partnerdiensten steht auf Rekordniveau.
Publiziert: 13.02.2020 um 22:28 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2021 um 10:21 Uhr
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Der Nachrichtendienst des Bundes wächst und wächst – letztes Jahr zählte er im Schnitt 334 Vollzeitstellen – dieses Jahr kommen 20 weitere dazu. Im Bild das Gebäude in Bern, in dem sich der NDB befindet.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der Schweizer Geheimdienst rüstet kräftig auf! 89 Millionen Franken sind 2020 für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) budgetiert, der durchschnittliche Stellenetat steigt auf über 350 Vollzeitstellen. Und bis 2023 ist ein weiterer Ausbau auf über 400 Stellen geplant.

Damit erfüllt Verteidigungsministerin Viola Amherd (57) eine Forderung von Geheimdienstchef Jean-Philippe Gaudin (57). «Geben Sie mir operationelle Kräfte, damit ich einen richtigen Job machen kann», hatte dieser 2018 öffentlich verlangt.

Gemäss NDB-Sprecherin Lea Rappo sollen die zusätzlichen Personalressourcen «vor allem in nachrichtendienstlichen Kernbereichen wie der Terrorismusabwehr und der Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus eingesetzt werden».

Aufgestockt wird dabei insbesondere im Cyber-Bereich: Allein für die Umsetzung des Aktionsplans Cyber-Defence und der Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken sind zehn neue Stellen budgetiert.

Wie stark die Cyber-Abwehr insgesamt dotiert ist, will der NDB nicht bekannt geben. Rappo macht aber klar: «Die Cyber-Risiken haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dieser Trend wird angesichts der fortschreitenden Digitalisierung nicht abnehmen – im Gegenteil.»

Verdoppelung in den Kantonen

Doch nicht nur beim Bund baut der Geheimdienst mächtig aus, sondern auch in den Kantonen. 18 Millionen Franken fliessen dieses Jahr insgesamt für den Staatsschutz an die Kantone. Mehr als doppelt so viel wie noch 2014.

15 Millionen Franken werden als Abgeltung für die kantonalen Nachrichtendienste an die Kantone verteilt, die den kantonalen Polizeikorps angegliedert sind – wobei Bern, Genf und Zürich am meisten Geld für ihre Spione bekommen (siehe Grafik). Mit dem Bundeszustupf werden rund 150 Vollzeitstellen mitfinanziert. Im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 2,6 Millionen Franken für 26 Stellen.

Dieses Jahr kommen zudem erstmals drei weitere Millionen dazu, «um in drei Kantonen die bestehenden Observationseinheiten zugunsten des NDB aufzustocken», so Rappo. In welche Kantone dieses Geld fliesst, verschweigt der Geheimdienst, denn: «Der NDB äussert sich nicht öffentlich zu seinen operationellen Tätigkeiten und Vorgehensweisen.»

Die Nachrichtenbeschaffung im Inland werde massgeblich von den Kantonen gewährleistet, erklärt Rappo den deutlichen Zuwachs. «Die Früherkennung und Verhinderung von Bedrohungen der inneren und äusseren Sicherheit der Schweiz ist in den letzten Jahren komplexer, schwieriger und aufwendiger geworden.»

Informationsaustausch auf Rekordniveau

Doch nicht nur stellenmässig bewegt sich der NDB auf Rekordniveau. Auch der Informationsaustausch mit über 100 ausländischen Partnerdiensten bleibt auf einem Höchstwert: Rund 12'500 Meldungen erhielt der Schweizer Geheimdienst im vergangenen Jahr aus dem Ausland, 6000 Meldungen gingen von der Schweiz ans Ausland.

«Die Zahlen sind im Vergleich zum letzten Jahr stabil», so Rappo. Seit 2015 hat der NDB mit ausländischen Geheimdiensten damit rund 84'000 Meldungen ausgetauscht!

SP-Wermuth fordert Antworten

Das links-grüne Lager verfolgt das Geheimdienst-Wachstum mit Sorgen. Erst recht, nachdem die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments dem Geheimdienst gerade erst ordentlich auf die Finger geklopft hat. Als parlamentarische Oberaufsicht stellte sie fest, dass der NDB nach wie vor mehr Informationen sammelt als gesetzlich erlaubt – teils auch über Politiker. Und das just rund 30 Jahre nach dem grossen Fichen-Skandal.

Auch SP-Nationalrat Cédric Wermuth (33) gehört diesmal zu den Fichierten. «Wir sehen den Ausbau des Überwachungsstaats sehr kritisch», so der Aargauer. Er ortet eine falsche Prioritätensetzung: «Die Überwachung linker Parlamentarier scheint fast besser organisiert als von Rechtsextremen. Dabei gehört der rechtsextreme Terror zu den grössten Bedrohungen neben dem islamistischen Terrorismus.»

Den NDB gleich abschaffen, wie das die Juso fordert, will Wermuth allerdings nicht. «Den NDB braucht es als letztes Mittel. Allerdings sollten die Ressourcen primär in Prävention und Polizei investiert werden statt in den Geheimdienst», so Wermuth. Solche hätten immer die Tendenz, Daten über unbescholtene Bürger zu sammeln. «Das zeigt sich aktuell wieder.»

In der Frühlingssession soll ihm deshalb Bundesrätin Amherd Red und Antwort stehen. «Ich will wissen, wie sie das Wachstum – gerade auch in den Kantonen – erklärt.»

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