Am Freitagmorgen präsentierten die EU-Regierungschefs ihren Plan für einen Neustart ihrer Füchtlingspolitik. Die ganze Nacht über wurde verhandelt, am frühen Morgen dann der Vorschlag präsentiert: In Zukunft sollen Flüchtlinge in speziellen Zentren ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen, bevor sie gemäss Dublin-Abkommen einem Land zugewiesen werden.
Tatsächlich aber gibt es schon heute besondere Asylzentren, die ebendiesen Zweck erfüllen sollten: die rasche Verteilung von Menschen in die verschiedenen EU-Länder. Bloss erweisen sich diese sogenannten Hotspots für die Asylsuchenden als leidvolles Provisorium. Konkret: In den Küstenregionen von Italien und Griechenland warten zehntausende Menschen in provisorischen Lagern auf ein Asylverfahren. Es sind Asylsuchende, die von Libyen herkommend zum Teil seit Jahren dort festsitzen.
Die Schweiz nahm bereits 1500 Personen auf
Um die beiden Länder zu entlasten, rief die EU im Herbst 2015 das erste Umsiedlungsprogramm ins Leben – auch die Schweiz beteiligte sich freiwillig daran und nahm rund 1500 Personen auf. 902 Flüchtlinge aus Italien und 579 aus Griechenland nahm sie im Rahmen des ersten sogenannten Relocation-Programms der EU bisher auf. Insbesondere die osteuropäischen Staaten verweigerten jedoch die Teilnahme am Programm. Aus diesem Grund konnte letztlich nur knapp ein Drittel der geplanten Personen umgesiedelt werden. Die EU rief darum im letzten Herbst ein zweites Relocation-Programm ins Leben.
Auch die Schweiz wurde in einem Schreiben von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos darum gebeten, möglichst viele Personen aufzunehmen. Nun aber wird bekannt: Sie erteilte dem zweiten Umsiedlungsprogramm der EU eine Absage. «Wir sehen zum jetzigen Zeitpunkt von einer Teilnahme am zweiten Relocation-Programm ab», sagt Emmanuelle Jacquet von Sury vom Staatssekretariat für Migration (SEM) zu SonntagsBlick.
«Der Bund zeigt nicht wirklich Solidarität»
Laut SEM halten sich in Griechenland und Italien nicht mehr genügend Personen auf, welche die Kriterien für eine Umsiedlung erfüllen. Gemäss diesen Kriterien müssten die Personen vor Oktober 2017 von den EU-Migrationsbehörden registriert worden sein und eine sehr hohe Chance auf einen positiven Asylentscheid haben.
Die Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert das Abseitsstehen der Schweiz. Peter Meier von der SFH sagt: «Der Bund lässt es bei einer Absage bewenden, statt wirklich Solidarität zu zeigen.» Die Schweiz könne Südeuropa entlasten, wenn sie sogenannte Dublin-Fälle vermehrt selbst behandeln würde, statt alle diese Asylsuchenden direkt nach Italien und Griechenland zurückzuschicken.
Die EU streitet über den Umgang mit Flüchtlingen. BLICK zeigt anhand von Daten, wie schlimm die globale Flüchtlingskrise ist. Und wie die Welt, Europa und die Schweiz damit umgehen. Hier lesen Sie weiter.
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Nach dem EU-Flüchtlingsgipfel erwartet die Flüchtlingshilfe nun eine einheitliche europäische Flüchtlingspolitik. Die Forderung an alle Länder Europas – auch die Schweiz: «Flüchtlinge müssen auf legalem Weg gefahrlos in ein sicheres Land gelangen können.»