Fische in Not
«Turbinen sind genauso schlimm wie die Hitze»

Der heisse Sommer machte vielen Fischen zu schaffen. Doch auch ohne Hitze sind die Tiere in Gefahr: Bauliche Hindernisse wie Wasserkraftwerke oder Dämme sind der Grund dafür. Eine Petition macht nun Druck für ökologische Sanierungsmassnahmen.
Publiziert: 22.08.2018 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2018 um 09:19 Uhr
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«Heute verletzen sich viele Fische in den Turbinen von Wasserkraftwerken – oft tödlich», sagt Philipp Sicher, Geschäftsleiter des Schweizerischen Fischerei-Verbands.
Foto: Zvg
Ruedi Studer

Es war ein trauriges Bild: Tausende tote Äschen trieben im Rhein bei Schaffhausen. Verendet wegen der enormen Hitze, welche die Wassertemperatur im Fluss auf über 27 Grad ansteigen liess (BLICK berichtete).

Mittlerweile hat sich die Situation normalisiert, trotzdem schlagen die Fischer Alarm: «Die Fische sind weiterhin in Not», sagt Philipp Sicher (65), Geschäftsführer des Schweizerischen Fischerei-Verbands (SFV). «Nicht mehr wegen der Hitze, sondern wegen baulicher Hindernisse in den Flüssen, welche die Wanderung behindern oder gar verhindern.» Dazu gehören etwa Dämme, Wehre, Schwellen sowie Hunderte von Kraftwerken.

Tödliche Turbinen

Eigentlich ist das Problem erkannt. Das Gewässerschutzgesetz schreibt eine ökologische Sanierung von Wasserkraftwerken bis ins Jahr 2030 vor, damit die Fische gefahrlos flussauf- und flussabwärts wandern können.

Während das Problem mit Fischtreppen für den Aufstieg mancherorts bereits gelöst ist, hapert es vor allem bei den Abstiegsmassnahmen. «Heute verletzen sich viele Fische in den Turbinen von Wasserkraftwerken – oft tödlich», sagt Sicher. «Turbinen sind genauso schlimm wie die Hitze.»

Es braucht mehr Geld

Insgesamt kommen die Sanierungsmassnahmen nur schleppend voran. «Es fehlt an genügend Geld», moniert Sicher. Zwar werden heute 0,1 Rappen pro Kilowattstunde Strom zugunsten der Verbesserungsmassnahmen abgezwackt. Doch damit kommt bis 2030 nur gut eine Milliarde Franken zusammen.

«Heute weiss man aufgrund der kantonalen Planungen aber, dass vier bis fünf Milliarden Franken nötig sein werden», erklärt Sicher. «Die Umsetzung bis 2030 ist damit in Gefahr, und jede weitere Verzögerung bedroht gefährdete Fischarten wie Äsche oder Forelle.»

Petition macht Druck

Genau das will der Fischerei-Verband verhindern. Zusammen mit den Umwelt-Organisationen Aqua Viva und WWF hat er deshalb eine Petition lanciert, in welcher er die Behörden zum raschen Handeln auffordert.

Erstens sollen in Grosskraftwerken betriebliche Sofortmassnahmen zum Fischschutz umgesetzt werden, bis die baulichen Sanierungen realisiert sind. Während Wanderperioden könnten die Kraftwerke temporär ihren Turbinenbetrieb anpassen und ihre Wehrklappen teilweise öffnen, sodass die Tiere gefahrlos an den Anlagen vorbei wandern können. 

Höhere Stromabgabe?

Zweitens verlangt die Petition die fristgerechte Umsetzung der Sanierungen bis 2030. «Dafür müssen jetzt die finanziellen und personellen Mittel sichergestellt werden», heisst es in der Bittschrift.

Woher das zusätzliche Geld kommen soll, gibt die Petition nicht vor. SFV-Geschäftsführer Sicher hat aber durchaus Ideen, wie die Finanzierung bewerkstelligt werden könnte. «Eine Möglichkeit ist die Erhöhung der Stromabgabe pro Kilowattstunde», sagt er. 

Oder: «Ein Teil des Wasserzinses könnte ebenfalls zweckgebunden für Sanierungen eingesetzt werden.»

Schon über 30'000 Unterschriften

Über 30'000 Unterschriften sind bereits zusammengekommen. 35'000 haben sich die Initianten zum Ziel gesetzt. «Damit können wir auch ein gewisses politisches Gewicht einbringen», sagt Sicher.

Er ist zuversichtlich, dass man die gesetzte Hürde bis am 20. September nimmt. Dann wird die Petition in Bern eingereicht.

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