Die Krankenkasseprämienlast steigen von Jahr zu Jahr. Und die Ärzte verdienen sich eine goldene Nase. Kaum erstaunlich, dass das Thema im jüngsten Ringier-Wahlkompass obenaus schwingt: 57 Prozent der Befragten finden, dass eine Lösung im Gesundheitsbereich dringend ist.
Die Gesundheitspolitik wird auch im Wahljahr 2019 zum grossen Thema. So hat die CVP bereits ihre Initiative für eine Kostenbremse im Gesundheitswesen lanciert. Und die SP plant eine Volksinitiative, mit der die Prämienlast auf maximal zehn Prozent des Haushaltseinkommens begrenzt werden soll.
FDP will das System auf den Kopf stellen
Jetzt schaltet sich auch noch die FDP in die Debatte ein. Sie will das Gesundheitswesen komplett umkrempeln.
«Die Kosten zulasten der obligatorischen Grundversicherung laufen aus dem Ufer», moniert FDP-Nationalrat und Parteivize Philippe Nantermod (34, VS). «Wir müssen das Kostenwachstum nachhaltig dämpfen – auch mit neuen Finanzierungsinstrumenten.»
Der asiatische Stadtstaat Singapur setzt im Gesundheitsbereich schon seit den 80er-Jahren auf Eigenverantwortung. Im sogenannten 3M-System hat jeder Einwohner ein persönliches Gesundheitssparkonto MediSave. Im Gegensatz zum FDP-Vorschlag ist es allerdings obligatorisch. Knapp zehn Prozent des Lohns werden jeden Monat darauf eingezahlt. Das Geld wird verzinst und ist steuerfrei. Es kann für Spitalaufenthalte und bestimmte ambulante Behandlungen verwendet werden.
Den Rest sowie einfache Besuche beim Haus- oder Zahnarzt müssen die Singapurer direkt aus der eigenen Tasche bezahlen. Reichen die eigenen Ersparnisse nicht, werden zuerst die Sparkonti der Verwandten geplündert.
Wenn auch das nicht reicht, kommt MediFund zum Zug, ein staatlicher Fonds für Bedürftige. Das heisst: Auch in Singapur wird ein Teil der Gesundheitskosten von der öffentlichen Hand finanziert.
Die dritte Säule des 3M-Systems ist die Versicherung MediShield, über die unerwartet hohe Kosten abgerechnet werden können. Diese Hochrisikoversicherung ist zwar freiwillig, alle in Singapur geborenen Personen werden aber automatisch versichert und müssten sich explizit abmelden. Doch auch hier wird das Preisbewusstsein aufrechterhalten – mit hohen Franchisen, Höchstentnahmen und Selbstbehalten von bis zu 20 Prozent.
2013 betrugen die Gesundheitsausgaben Singapurs 4,55 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Zum Vergleich: In der Schweiz war es mehr als doppelt so viel.
Der asiatische Stadtstaat Singapur setzt im Gesundheitsbereich schon seit den 80er-Jahren auf Eigenverantwortung. Im sogenannten 3M-System hat jeder Einwohner ein persönliches Gesundheitssparkonto MediSave. Im Gegensatz zum FDP-Vorschlag ist es allerdings obligatorisch. Knapp zehn Prozent des Lohns werden jeden Monat darauf eingezahlt. Das Geld wird verzinst und ist steuerfrei. Es kann für Spitalaufenthalte und bestimmte ambulante Behandlungen verwendet werden.
Den Rest sowie einfache Besuche beim Haus- oder Zahnarzt müssen die Singapurer direkt aus der eigenen Tasche bezahlen. Reichen die eigenen Ersparnisse nicht, werden zuerst die Sparkonti der Verwandten geplündert.
Wenn auch das nicht reicht, kommt MediFund zum Zug, ein staatlicher Fonds für Bedürftige. Das heisst: Auch in Singapur wird ein Teil der Gesundheitskosten von der öffentlichen Hand finanziert.
Die dritte Säule des 3M-Systems ist die Versicherung MediShield, über die unerwartet hohe Kosten abgerechnet werden können. Diese Hochrisikoversicherung ist zwar freiwillig, alle in Singapur geborenen Personen werden aber automatisch versichert und müssten sich explizit abmelden. Doch auch hier wird das Preisbewusstsein aufrechterhalten – mit hohen Franchisen, Höchstentnahmen und Selbstbehalten von bis zu 20 Prozent.
2013 betrugen die Gesundheitsausgaben Singapurs 4,55 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Zum Vergleich: In der Schweiz war es mehr als doppelt so viel.
Papier hat politisches Sprengpotenzial
In einem neuen Positionspapier, das BLICK exklusiv vorliegt, skizziert die Partei ihre Reformvorschläge. Das Papier beinhaltet eine breite Palette an Forderungen. Darunter solche mit politischem Sprengpotenzial. Zum Beispiel:
- Gesundheitskonto: Damit verlangt die FDP nichts anderes als einen Systemwechsel. Wie bei der 3. Säule soll mittelfristig jeder ein Gesundheitskonto einrichten können – freiwillig. Wer darauf einzahlt, soll steuerlich profitieren. Mit dem Geld auf diesem Konto würden harmlosere Erkrankungen oder kurze Krankenhausaufenthalte bezahlt. Für schwere Eingriffe, chronische Krankheiten oder Bedürftige würde es eine obligatorische Versicherung «für Grossrisiken» geben. Wer also eigenverantwortlich auf seine Gesundheit achtet, spart massiv. Davon könnten vor allem Jüngere profitieren. Das Geld auf dem Gesundheitskonto wäre zudem vererbbar. «Das Gesundheitskonto ist damit eine echte Alternative zur heutigen Umverteilung, die auf dem Umlageverfahren basiert. Die Prämienzahler sind heute abhängig von der demographischen Entwicklung», so Nantermod.
- Neue Rabatt-Modelle: Schon heute gibt es Prämienrabatte, wenn man freiwillig ein alternatives Modell (wie Hausarzt oder Telemedizin) oder eine höhere Franchisen wählt. Hier will die FDP das Feld noch weiter öffnen. Versicherte könnten bei der Spital- und Arztwahl stärkere Einschränkungen zulassen, um höhere Rabatte zu erhalten. Auch höhere Franchisen als die heutigen maximal 2500 Franken sollen möglich sein, die zudem abgesichert werden könnten. Entweder mit einer Zusatzversicherung oder über ein Sperrkonto, auf das man eine entsprechende Kaution einzahlt – damit im Ernstfall genügend Geld vorhanden ist.
- Auslandbehandlungen: Heute müssen die Krankenkassen nur Behandlungen im Inland bezahlen. Die sind meist teurer als im Ausland. Deshalb will die FDP das Territorialprinzip im Gesundheitswesen lockern. Dieses soll für medizinisches Material, Arzneimittel, Pflegeleistungen oder Rehabilitation gestaffelt und probeweise aufgehoben werden, damit sich Versicherte günstiger im Ausland behandeln lassen können. Dank mehr Wettbewerbsdruck sollen auch in der Schweiz die Preise purzeln. «Dieses System funktioniert bereits bei den Zahnärzten», so Nantermod.
Mehr Wettbewerb, weniger Solidarität
Das liberale Rezept ist im Grunde einfach: «Wir wollen nicht mehr Zwang, sondern mehr Wahlfreiheit, Transparenz und Eigenverantwortung für die Versicherten», sagt Nantermod. «Sowie mehr Wettbewerb und weniger Staat.»
Das bedeutet aber auch weniger Solidarität – was Nantermod nicht abstreitet: «Um das Kostenwachstum zu bremsen, müssen wir uns auf den Kernbereich der Solidarität zurückbesinnen: Eine finanzielle Hilfe, wenn die Patienten ihre Kosten für die grundlegenden Gesundheitsleistungen selber nicht mehr tragen können, zum Beispiel bei chronisch Kranken. Heute gibt es zu wenig Anreize für eine eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge. Die Solidarität wird überstrapaziert.»
CVP- und SP-Initiativen seien «untauglich»
Den Volksinitiativen von SP und CVP erteilt er eine klare Absage. «Die Linke sucht ihr Heil in einer teuren Verstaatlichung des Gesundheitssystems. Und die CVP verkauft eine künstliche Ausgabenobergrenze als Wundermittel, welches aber zu einem kompletten Leistungsstopp führt, sobald das Budget aufgebraucht ist. Was ist denn, wenn das schon Ende Oktober der Fall ist?», so Nantermod. Sein Fazit: «Beide Initiativen sind untauglich.»