Ex-FDP-Chef Steinegger hat über den BLICK vom Airbnb-Geschäft in seinen Stiftungshäusern erfahren
«Das geht gar nicht!»

Dass Luzerner Wohnungen über Airbnb-Profis vermietet werden, ruft Franz Steinegger auf den Plan. Der frühere FDP-Präsident verspricht Massnahmen gegen Firmen, die in Häusern seiner Stiftung kommerziell Wohnungen an Touristen weitervermieten.
Publiziert: 06.08.2019 um 12:11 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2019 um 15:42 Uhr
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In Luzern gibt es mehrere Häuser, die nur aus Airbnb-Wohnungen bestehen.
Foto: Andrea Brunner
Lea Hartmann, Pascal Tischhauser

Auf den Klingelschildern im schmucken Eckhaus nahe des Luzerner Helvetiaplatzes stehen Namen wie Matterhorn, Vivaldi oder Titlis. Denn wer hier wohnt, ist meist schneller weg, als ein Täfelchen mit seinem Namen drauf montiert wäre. Fast alle Wohnungen im Altbau mitten in der Luzerner Neustadt werden auf der Buchungsplattform Airbnb vermietet – von Firmen, die mit der Vermietung von Appartments ihr Geschäft machen. Normale Luzerner haben da keine Chance mehr auf ein Zuhause.

Pikant: Die 30 Wohnungen an der Waldstätterstrasse 6, 8 und 10 gehören der HIG Immobilien Anlage Stiftung. Deren Anlagestrategie Investitionen in touristisch genutzte Liegenschaften explizit ausschliesst.

Steinegger verspricht Massnahmen

HIG-Stiftungsratspräsident ist der frühere FDP-Präsident und Nationalrat Franz Steinegger (76). «Ich habe vom BLICK von den Untervermietungen erfahren», sagt er. «Wenn es stimmt, dass die Wohnungen unserer Liegenschaften an der Waldstätterstrasse mehrheitlich kommerziell als Airbnb-Wohnungen vermietet werden, geht das gar nicht. Das widerspricht ganz klar unserem Stiftungsziel.»

Man werde dem nun nachgehen, kündigt Steinegger an. Bestätige es sich, dass Firmen ohne Wissen der Stiftung ein kommerzielles Airbnb-Gewerbe betreiben, «werden wir Massnahmen dagegen ergreifen».

Auf Kosten von Wohnraum

In Luzern werden fast die Hälfte der über 330 auf Airbnb vermarkteten Wohnungen von vier grossen Anbietern verwaltet. David Roth (34), Präsident der SP des Kantons Luzern, und Cyrill Studer Korevaar (46), Geschäftsleiter des Mieterverbands Luzern und SP-Lokalpolitiker, ärgert das.

Sie sprechen von einer «schleichenden Wohnraumvernichtung» und schätzen, dass allein in Luzern Wohnraum für über 600 Personen wegen Plattformen wie Airbnb verloren gegangen sei – und das nicht in der Peripherie, sondern an sehr begehrter Lage. Roth: «Mit Airbnb können Firmen ein Vielfaches der Miete einnehmen, die bei einer normalen Vermietung drinliegen würde.»

Die Wohnung, in der sie zur Medienkonferenz empfangen, ist ein solches Beispiel. Für 469 Franken pro Nacht – Reinigungskosten und Gebühren exklusive – wird sie auf Airbnb angeboten. Reguläre Mieter würden zwischen 2000 und 2500 Franken dafür zahlen – pro Monat. Während die Agenturen das grosse Geld machen würden, gingen der Stadt Millionen an Steuereinnahmen flöten, kritisiert Roth.

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Stadt will abwarten

Die Stadt Luzern stellt das in Frage. Es lägen bisher keine Hinweise dafür vor, «dass die Entwicklung der Beherbergungsangebote negative Effekte auf die Steuereinnahmen von natürlichen Personen hat», schrieb der Stadtrat im Mai als Antwort auf einen Vorstoss. Bis jetzt sei die Bedeutung von kommerziellen Anbietern gering. Deshalb sehe man «keinen unmittelbaren Handlungsbedarf».

Studer Korevaar kann darob nur den Kopf schütteln. Die Zeit dränge. «Das Thema muss ganz nach oben auf die politische Agenda», sagt er. Denn immer mehr Häuser würden sich in Airbnb-Unterkünfte verwandeln. Die beiden Politiker verweisen auf Zahlen des Walliser Tourismusobservatoriums. Demnach ist das Angebot an via Airbnb vermieteten Wohnungen im Kanton Luzern von 2014 bis 2017 um über 80 Prozent gestiegen. 

In der ganzen Schweiz ein Thema

Die Entwicklung betrifft längst nicht nur die Stadt Luzern. Airbnb boomt – in der ganzen Schweiz. Und sie bereitet nicht nur zwei SP-Politikern in der Zentralschweiz Sorgen. In zahlreichen Städten und Kantonen wurde die Buchungsplattform zum politischen Thema, und es wurden Regelungen erlassen, was das Eintreiben der Kurtaxen oder die erlaubte Vermietungsdauer betrifft.

So regeln andere Städte das Airbnb-Business

Ganze Mietshäuser in beliebten Luzerner Quartieren werden via Airbnb vermarktet – und fehlen dem lokalen Wohnungsmarkt. Dennoch die Stadt sieht keinen Handlungsbedarf (BLICK berichtete). Andere Städte sind schon weiter. Ein Überblick:

Am weitesten geht Genf bei der der Regulierung: Seit April 2018 dürfen Mieter ihre Wohnungen nur noch während maximal 60 Tagen pro Jahr über Plattformen wie Airbnb untervermieten. Alles, was öfter vermietet wird, gilt als kommerziell und ist damit untersagt.

Bereits seit Juli 2017 schenken Airbnb-Vermietungen im Kanton Zug wenigstens ein bisschen ein. Seitdem wird die Beherbergungsabgabe auf Airbnb automatisch über die Plattform eingezogen und an Zug Tourismus weitergegeben. Der Kanton war der erste, der mit Airbnb eine Lösung gefunden hat.

Seit einem Jahr zieht Airbnb auch die Zürcher City Tax (2.50 Franken pro Gast und Nacht) für alle Buchungen im Kanton automatisch ein und leitet sie an Zürich Tourismus weiter.

Ähnliche Modell gibt es in Basel-Land, Basel-Stadt und Schaffhausen. Andere Kantone wie Bern, Freiburg und Luzern verhandeln noch mit der Sharing-Plattform. Das lohnt sich zumindest ein bisschen: Letztes Jahr hat Airbnb schweizweit gut 640'000 Franken Tourismusabgaben eingezogen.

Der Stadt Bern reicht das nicht: Die Regierung will die temporäre Vermietung von Altstadt-Zweitwohnungen ganz verbieten, um die Mietpreise nicht weiter anzuheizen. Parlament und Volk müssen allerdings noch zustimmen. (sf)

Ganze Mietshäuser in beliebten Luzerner Quartieren werden via Airbnb vermarktet – und fehlen dem lokalen Wohnungsmarkt. Dennoch die Stadt sieht keinen Handlungsbedarf (BLICK berichtete). Andere Städte sind schon weiter. Ein Überblick:

Am weitesten geht Genf bei der der Regulierung: Seit April 2018 dürfen Mieter ihre Wohnungen nur noch während maximal 60 Tagen pro Jahr über Plattformen wie Airbnb untervermieten. Alles, was öfter vermietet wird, gilt als kommerziell und ist damit untersagt.

Bereits seit Juli 2017 schenken Airbnb-Vermietungen im Kanton Zug wenigstens ein bisschen ein. Seitdem wird die Beherbergungsabgabe auf Airbnb automatisch über die Plattform eingezogen und an Zug Tourismus weitergegeben. Der Kanton war der erste, der mit Airbnb eine Lösung gefunden hat.

Seit einem Jahr zieht Airbnb auch die Zürcher City Tax (2.50 Franken pro Gast und Nacht) für alle Buchungen im Kanton automatisch ein und leitet sie an Zürich Tourismus weiter.

Ähnliche Modell gibt es in Basel-Land, Basel-Stadt und Schaffhausen. Andere Kantone wie Bern, Freiburg und Luzern verhandeln noch mit der Sharing-Plattform. Das lohnt sich zumindest ein bisschen: Letztes Jahr hat Airbnb schweizweit gut 640'000 Franken Tourismusabgaben eingezogen.

Der Stadt Bern reicht das nicht: Die Regierung will die temporäre Vermietung von Altstadt-Zweitwohnungen ganz verbieten, um die Mietpreise nicht weiter anzuheizen. Parlament und Volk müssen allerdings noch zustimmen. (sf)

Auch in Luzern wird in Sachen Kurtaxen mit Airbnb verhandelt – schon lange. Zufrieden geben sich Roth und Studer Korevaar damit aber nicht. Sie drohen mit einer Initiative, wenn die Stadt dem Airbnb-Business grosser Firmen von sich aus keinen Riegel schiebt.

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