Erdogan-Fan läuft beim Presserat auf
BLICK-Aufruf an Türken war regelkonform

Der Presserat hat BLICK in Schutz genommen: Der Aufruf beim umstrittenen Referendum in der Türkei, «Nein» zu stimmen, hat keine Regeln verletzt. Der Presserat wies die Beschwerde eines Erdogan-Fans als unbegründet zurück.
Publiziert: 11.05.2017 um 13:21 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:34 Uhr
Dieser Aufruf von BLICK zum Referendum in der Türkei war laut Schweizer Presserat unproblematisch. Er wies eine entsprechende Beschwerde als unbegründet ab.
Foto: BLICK

Der BLICK-Abstimmungs-Aufruf an in der Schweiz lebende Türkinnen und Türken hat die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt. Zur Erinnerung: Vor dem Referendum in der Türkei über die Alle-Macht-für-Mich-Verfassung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte BLICK stimmberechtigte Türken in der Schweiz aufgerufen, mit «Nein» zu stimmen. Dass BLICK keine Vorgaben verletzt hatte, hielt das Präsidium des Schweizer Presserats in einem Entscheid fest. Darum trat der Presserat auf eine entsprechende Beschwerde aus dem Publikum gar nicht erst ein. Dies, weil sie offensichtlich unbegründet war.

Der Presserat hielt in seinem Entscheid aber explizit fest: «Das Recht auf lnformation, auf freie Meinungsäusserung und auf Kritik ist ein grundlegendes Menschenrecht. Journalisten sichern den gesellschaftlich notwendigen Diskurs.» Aus dieser Verpflichtung leiteten sich ihre Pflichten und Rechte ab. Die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» enthält in der Folge aber keine Bestimmungen, die es einer Redaktion verbieten würden, zu politischen Fragen Stellung zu beziehen oder Aufrufe zu verfassen.

Pressefreiheit gilt auch für Ereignisse im Ausland

Dies gelte, so der Presserat, auch für politische Ereignisse im Ausland. «Dabei sind die geltenden Gesetze selbstverständlich einzuhalten. Die Grenze für solche Aufrufe und Stellungnahmen liegt dort.» Auch lasse sich aus der «Erklärung» weder eine ausdrückliche Pflicht zur Ausgewogenheit noch eine solche zu objektiver Berichterstattung ableiten.

Und: «Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dieser Artikel eine Diskriminierung darstellen oder die Menschenwürde verletzen sollte, ebenso wenig, welche Quellen ‹Blick› und ‹Blick am Abend› hätten veröffentlichen sollen.» Und dann hielt der Presserat noch fest, dass «auch Texte in einer anderen als den Landessprachen durch die ‹Erklärung› nicht untersagt» sind. Die Beschwerde sei somit offensichtlich unbegründet.

Ein Beschwerdeführer aus dem Publikum hatte dagegen moniert, dass der Artikel weder neutral noch objektiv sei, sondern ausdrücklich Partei ergriffen und eine demokratisch gewählte Regierung und den Staatspräsidenten als Diktator bezeichne. Es werde weiter suggeriert, dass alle normalen Menschen, die für einen Rechtsstaat sind und die demokratischen Werte liebten, «Nein» stimmen müssten und Andersdenkende am besten die Schweiz verlassen sollten. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» dadurch geltend, dass eine Nation gespalten und in Gute und Böse unterteilt werde sowie dadurch, dass Anweisungen erteilt würden. (hlm)

96 000 Schweiz-Türken stimmen ab

Bern – Ab heute Montag bis am 9. April können Auslandtürken über die neue türkische Verfassung abstimmen. In der Schweiz sind 96 000 Türken dafür registriert. Möglich ist die Stimmabgabe in der türkischen Botschaft in Bern sowie in den Konsulaten von Genf und Zürich. In der Türkei findet die Abstimmung am 16. April statt. Die neue Verfassung würde Präsident Recep Tayyip Erdogan (63) mehr Macht verleihen. Befürworter vergleichen die neuen Rechte mit dem Präsidialsystem der USA. Kritiker fürchten diktatorische Ausmasse. Neu darf der Präsident einer Partei angehören und dieser vorsitzen. Eine Person kann Staats- und Regierungschef sein. Der Präsident darf seine Stellvertreter selber wählen. Er kann ohne Zustimmung des Parlaments Dekrete erlassen. Die Wahlen für Parlament und Präsident erfolgen alle fünf Jahre am gleichen Tag. Der Präsident kann das Parlament zu jeder Zeit auflösen, dann müssen gleichzeitig Neuwahlen für Parlament und Präsident stattfinden. Amts­perioden des Präsidenten bleiben auf zwei beschränkt. Militärgerichte werden abgeschafft, ausser um Delikte von Soldaten zu Kriegszeiten zu untersuchen.

Bern – Ab heute Montag bis am 9. April können Auslandtürken über die neue türkische Verfassung abstimmen. In der Schweiz sind 96 000 Türken dafür registriert. Möglich ist die Stimmabgabe in der türkischen Botschaft in Bern sowie in den Konsulaten von Genf und Zürich. In der Türkei findet die Abstimmung am 16. April statt. Die neue Verfassung würde Präsident Recep Tayyip Erdogan (63) mehr Macht verleihen. Befürworter vergleichen die neuen Rechte mit dem Präsidialsystem der USA. Kritiker fürchten diktatorische Ausmasse. Neu darf der Präsident einer Partei angehören und dieser vorsitzen. Eine Person kann Staats- und Regierungschef sein. Der Präsident darf seine Stellvertreter selber wählen. Er kann ohne Zustimmung des Parlaments Dekrete erlassen. Die Wahlen für Parlament und Präsident erfolgen alle fünf Jahre am gleichen Tag. Der Präsident kann das Parlament zu jeder Zeit auflösen, dann müssen gleichzeitig Neuwahlen für Parlament und Präsident stattfinden. Amts­perioden des Präsidenten bleiben auf zwei beschränkt. Militärgerichte werden abgeschafft, ausser um Delikte von Soldaten zu Kriegszeiten zu untersuchen.

Liebe Türkinnen und Türken in der Schweiz

Sie sind aufgerufen, am 16. April über ein Referendum in Ihrem Land abzustimmen, das Ihrem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan diktatorische Machtfülle verleihen würde. Die weltweit rund drei Mil­lionen Auslandstürken, zu ­denen auch Sie gehören, werden über die Reform mitentscheiden. Deshalb tobt auch bei uns ein intensiver Abstimmungskampf.

Die Schweiz ist das freiheitlichste Land der Welt. Bei uns darf jeder seine Meinung äussern, die Regierung kritisieren, sich politisch betätigen, so leben, wie er will – ohne dass sich daraus Nachteile ­ergeben, ohne dass jemand deswegen seine Stelle verliert oder gar verhaftet und gefoltert wird. Und selbstverständlich sind Männer und Frauen, Christen und Nichtchristen, Regierungsanhänger und ­Oppositionelle gleichgestellt.

Diese Freiheiten sind uns heilig – sie machen die Schweiz aus! Wir zwingen ausserhalb ­unserer Landesgrenzen niemandem unsere Werte auf. Wir sagen der Welt nicht, wie sie zu funktionieren hat. Doch wir haben Erwartungen an die Menschen, die bei uns leben wollen – also an Sie, liebe ­Türkinnen und Türken in der Schweiz. Wer hier lebt, hat unsere Werte zu respektieren, muss einstehen für die Freiheiten, von denen er profitiert – gleiche Rechte für alle, ­Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung.

All das soll jetzt in Ihrem Heimatland ausgeschaltet werden. Es ist an den Menschen in der Türkei zu entscheiden, ob sie das wirklich wollen. Für uns Schweizer aber ist es inakzeptabel, wenn jemand hier von Freiheit und Rechtsstaat profitiert und diese gleichzeitig zu Hause abschaffen will. Das geht nicht.

Wer in seinem Heimatland diktatorische Verhältnisse einführen will – bitte schön. Aber dann soll er auch unter ihnen leben.

Deshalb ruft BLICK alle ­Türkinnen und Türken in der Schweiz auf: Stimmen Sie Nein zum Referendum und damit Nein zu einem autoritären System in der Türkei!

Freundliche Grüsse

Ihr BLICK

Sie sind aufgerufen, am 16. April über ein Referendum in Ihrem Land abzustimmen, das Ihrem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan diktatorische Machtfülle verleihen würde. Die weltweit rund drei Mil­lionen Auslandstürken, zu ­denen auch Sie gehören, werden über die Reform mitentscheiden. Deshalb tobt auch bei uns ein intensiver Abstimmungskampf.

Die Schweiz ist das freiheitlichste Land der Welt. Bei uns darf jeder seine Meinung äussern, die Regierung kritisieren, sich politisch betätigen, so leben, wie er will – ohne dass sich daraus Nachteile ­ergeben, ohne dass jemand deswegen seine Stelle verliert oder gar verhaftet und gefoltert wird. Und selbstverständlich sind Männer und Frauen, Christen und Nichtchristen, Regierungsanhänger und ­Oppositionelle gleichgestellt.

Diese Freiheiten sind uns heilig – sie machen die Schweiz aus! Wir zwingen ausserhalb ­unserer Landesgrenzen niemandem unsere Werte auf. Wir sagen der Welt nicht, wie sie zu funktionieren hat. Doch wir haben Erwartungen an die Menschen, die bei uns leben wollen – also an Sie, liebe ­Türkinnen und Türken in der Schweiz. Wer hier lebt, hat unsere Werte zu respektieren, muss einstehen für die Freiheiten, von denen er profitiert – gleiche Rechte für alle, ­Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung.

All das soll jetzt in Ihrem Heimatland ausgeschaltet werden. Es ist an den Menschen in der Türkei zu entscheiden, ob sie das wirklich wollen. Für uns Schweizer aber ist es inakzeptabel, wenn jemand hier von Freiheit und Rechtsstaat profitiert und diese gleichzeitig zu Hause abschaffen will. Das geht nicht.

Wer in seinem Heimatland diktatorische Verhältnisse einführen will – bitte schön. Aber dann soll er auch unter ihnen leben.

Deshalb ruft BLICK alle ­Türkinnen und Türken in der Schweiz auf: Stimmen Sie Nein zum Referendum und damit Nein zu einem autoritären System in der Türkei!

Freundliche Grüsse

Ihr BLICK

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