Deutsche Studie widerspricht BAG-Koch
«Kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen»

Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit gerät unter Druck: Eine Studie aus Deutschland zeigt, dass Kinder gleich viele Corona-Viren in ihrem Hals tragen können wie Erwachsene.
Publiziert: 30.04.2020 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2020 um 16:53 Uhr
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Die Viruslast von Kindern ist gleich hoch wie bei Erwachsenen.
Foto: Keystone

Die Aussagen von Daniel Koch (65) vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) waren der Hoffnungsschimmer für alle Grosseltern. «Es ist so, dass Kinder praktisch nicht infiziert werden und vor allem das Virus nicht weitergeben», so Koch am Montag. Eine kurze Umarmung der Enkel sei darum kein Problem.

Doch kurz danach flogen Koch seine Aussagen um die Ohren. Denn für die Wissenschaft ist alles andere als klar, ob die Kinder wirklich nicht ansteckend sind.

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Gleiche Viruslast für Kinder und Erwachsene

Jetzt erhalten die Koch-Kritiker Aufwind: Der deutsche Star-Virologe Christian Drosten (48) hat im Eilzugstempo eine Studie mit über 3700 Infizierten durchgeführt und dabei die Viruslast von Kindern und Erwachsenen getestet.

Seine Ergebnisse teilt Drosten auf Twitter und kommentierte nüchtern. «Kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen.» Mit anderen Worten: Kinder können das Virus genauso übertragen wie Erwachsene, mit dem Unterschied, dass die Symptome bei Kindern weniger ausgeprägt oder gar nicht vorhanden sind.

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Liest man den Resultatteil der Studie, werden die Wissenschaftler deutlicher. Zwar gebe es weiterhin Argumente, die dafür sprächen, dass Kinder andere Leute weniger ansteckten, zum Beispiel weil Kinder oftmals keine Symptome hätten und dadurch weniger husteten. Aber: «Aufgrund des Fehlens jeglicher statistischer Beweise für ein anderes Viruslastprofil bei Kindern, die in der vorliegenden Studie gefunden wurden, müssen wir vor einer unbegrenzten Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten in der gegenwärtigen Situation warnen.»

Schulen öffnen am 11. Mai wieder

Diese Warnung kommt zumindest für die Schweiz zu spät. Am 11. Mai sollen die Primar- und Sekundarschulen wieder öffnen. Mit Schutzkonzepten zwar, aber nur mit minimalen Auflagen: Generelle Abstandsvorschriften sind zwar zwischen Schülern und Lehrern vorgesehen, nicht aber unter den Kindern.

Kritik an der Empfehlung, dass Grosseltern ihre Enkel umarmen dürfen, kommt auch vom Schweizer Epidemiologe Christian Althaus (41). Er schreibt auf Twitter: «Es wäre angebracht, dass das BAG dieses irreführende Statement korrigiert.»

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An einer Pressekonferenz am Donnerstag wurde Koch mit der Drosten-Studie konfrontiert. Der BAG-Mann erklärte, die Ergebnisse zu kennen und zu wissen, dass auch Kinder infiziert werden können. «Die Kinder sind aber nicht die Treiber der Epidemie.» Darum halte man am Schulöffnung-Fahrplan fest.

Rat bei Experten geholt

Koch begründet seine Grosseltern-Aussagen am Montag mit Gesprächen mit verschiedenen Experten in Kinderspitälern der ganzen Schweiz und neue Studien. Eine davon zeigt, dass vor allem kleine Kinder sehr wenige Andockstationen für das Virus im Hals-Rachen-Raum haben, so der «Tages-Anzeiger». Dazu schrieb das BAG der Zeitung, Koch habe sich auf weitere bisher unpublizierte Studien bezogen.

Auf Nachfrage halte das BAG an seinen Aussagen fest, äussere sich aber nicht zur neuen Studie, schreibt der «Tages-Anzeiger». Kinder mit Symptomen könnten die Krankheit übertragen. Sie seien aber seltener infiziert und hätten wesentlich weniger Symptome. Zentral sei, dass Kinder mit Krankheitsmerkmalen zuhause bleiben.

Auch Kinderärzte unterstützen die Schulöffnung. Die Schweizer Gesellschaft für Pädiatrie schreibt auf ihrer Homepage: «Kinder werden selten infiziert und infizierte Kinder sind selten Indexpersonen für die Weiterverbreitung des Virus.» Die Gesellschaft verweist auf Studien aus Holland und Australien und nennt das Beispiel Schweden, wo die Fallzahlen bei unter 20-Jährigen gleich sind wie in anderen Ländern. «Obwohl die Schulen nie geschlossen wurden.» (brb)

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