«Ici, c'est moi qui commande»: Erinnert man Dominique de Buman (61) an die Worte, die er während der letzten Session durch den Nationalratssaal hallen liess, blitzt ein spitzbübisches Lächeln über die Lippen des Freiburger Politikers.
Damals hatte sich SVP-Nationalrat und Journalist Roger Köppel (52) zu sprechen erdreistet, ohne dass de Buman ihm auf dem Bock oben – damals noch als Nationalratsvize – die Erlaubnis dazu erteilt hatte. «Sie können das Ihrem Magazin so machen, aber nicht in meinem Saal», tadelte de Buman Köppel.
Es ist eine Episode, die sinnbildlich für das institutionelle Verständnis des neuen Nationalratspräsidenten steht. Es dürfe nicht sein, dass eine Bundesrätin fast schon brüllen müsse, um im Parlament verstanden zu werden. Er werde «mehr Disziplin» von seinen Kollegen verlangen. Im Vergleich zum Ausland gehe es in Bern aber gesittet zu: «Wir schlagen uns nicht die Köpfe ein, so sehr wir auch streiten», betont de Buman, als BLICK ihn in seinem feudalen Zuhause in der Freiburger Altstadt besucht.
Sein Haus ist so etwas wie sein Kind, sagt Single-Mann de Buman
Mit diesem Haus hat sich der Nachfahre einer jahrhundertealten Patrizierfamilie einen Lebenstraum erfüllt. Seit 24 Jahren residiert er an der Place de Notre-Dame. «Mein Haus ist schon etwas wie mein Kind», sagt der ehemalige Stadtpräsident von Freiburg. Bereits sein Vater habe davon geträumt, dass die Familiengeschichte einst wieder in solch geschichtsträchtigen Mauern weitergeführt würde.
Dies tut nun der CVP-Politiker – jedoch ohne eigene Familie. «Ich hatte einmal einen Kinderwunsch», gibt er offen zu. «Aber es ist jetzt gut so, wie es herausgekommen ist. Ich bin ein glücklicher Single.» Allein sei er trotzdem sehr selten – hier macht der Romand dem Ruf der trinkfreudigen Welschen alle Ehre. In seinem zu einem Festsaal umgebauten Weinkeller, dessen Mauern auf das 13. Jahrhundert zurückgehen, zelebriert er die Geselligkeit. Und kredenzt auch beim BLICK-Besuch einen Bordeaux von 1983.
Erworben hat de Buman das Haus 1994 in einer Zwangsversteigerung. «Ich sage offen, dass ich einen guten Preis dafür bezahlt habe», so de Buman. Das Haus war eigentlich schon vergeben, als der Käufer wieder absprang und de Buman zum Zug kam. Vorsehung, wie er glaubt. «Das Haus und ich haben uns gefunden.»
Der Glaube ist ohnehin omnipräsent im Leben des Christdemokraten. In jeder Ecke des dreistöckigen Gebäudes stehen Devotionalien, eine jahrhundertealte Dominikanerfigur blickt metergross vom Wohnzimmertischchen.
«Ich bete, so oft ich kann», sagt de Buman und sinniert. «Erst, wenn man durch das Gebet merkt, wie fragil man selbst ist, versteht man das Gegenüber.»
Seine Ahnen blicken ihn von allen Wänden an
Demut spüre er auch, wenn er in die Gesichter seiner Vorfahren blicke. In Öl gemalt hängen die de Bumans an den Wänden seines Hauses. «Meine Ahnen sind keine Bürde», betont der Nachfahre. Aber er würde sich auch «sicher nicht» auf der Familientradition ausruhen. Auch ihm sei nichts geschenkt worden – und er habe immer gegen dieses Vorurteil kämpfen müssen.
Seit seinem 30. Lebensjahr ist der Jurist de Buman Berufspolitiker. Damals kandidierte er für den Gemeinderat der Stadt – und holte überraschend den vierten CVP-Sitz in der damals neunköpfigen Regierung. Später war er gar zehn Jahre lang Freiburger Stadtpräsident. Auf kantonaler Ebene politisierte er ab von 1986 bis 2003 im Parlament.
Dann schaffte der ehemalige Vizepräsident der CVP den Sprung nach Bern. «Ich bin stolz darauf, dass ich stets im Proporz gewählt wurde», sagt er. «Die Menschen haben mich auf die Wahlzettel geschrieben, keine Liste oder Partei.»
Der Raschelsäckli-Schreck der Nation
Dabei politisiert der neue Nationalratspräsident durchaus eigenwillig: In gesellschaftspolitischen Fragen konservativ, sorgte er ausgerechnet mit einem «grünen» Vorstoss für die Veränderung des Alltags jeden Schweizers: Denn de Buman ist der Raschelsäckli-Schreck der Nation. Dank ihm kosten die hauchdünnen Einkaufssäckli an den Supermarktkassen nun fünf Rappen. Seither ist ihr Verbrauch um mehr als 90 Prozent zurückgegangen. Mit «Genugtuung» sehe er, wie die Säcke aus dem Alltag nahezu verschwunden sind.
De Buman will auch Aussenpolitik betreiben
Als Präsident der grossen Parlamentskammer krönt de Buman seine politische Karriere. Das mit dem Bundesrat – er kandidierte 2009 vergebens als Nachfolger von Pascal Couchepin (75) – hat er aber noch nicht ganz aufgegeben.
«Bundesrat werden ist Schicksal, es nicht zu werden, ist sicher keine Niederlage», sinniert er. Das habe er auch Pierre Maudet (39) gesagt, als der Genfer Staatsrat und Bundesratskandidat im Sommer in seinem Keller sass und man gemeinsam einige Flaschen Wein leerte.
Zurück zum Bock, zur Disziplin und zu Köppel: Welches Ziel hat sich de Buman für sein Amtsjahr vorgenommen? «Nicht nur der Bundesrat sollte Aussenpolitik betreiben», sagt er und kündigt an, sich «intensiv» mit seinen Amtskollegen in Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich auszutauschen.
Der Spätzünder auf dem Motorrad
Zudem plädiert de Buman für «mehr Mut» in der Politik. «Wir müssen dem Volk klar sagen, dass gewisse Vorlagen nun mal komplex sind», sagt er. Hier wolle er einen Gegenpunkt zum Populismus setzen. Denn: «Das Volk ist nicht der König – zum Glück. In unserem politischen System hat jeder seine Rolle.» Und wenn einer zu viel Macht erhält, straft ihn das System ab. «Und das ist gut so.»
Die alleinige Macht lebt Dominique de Buman ungeniert einzig auf zwei Rädern aus. Als «Spätzünder» hat er sich mit 49 Jahren seinen Töfftraum erfüllt. «Auf meiner BMW 1000 RR spüre ich die Freiheit», sagt er und erhebt noch mal das Glas. «À la vie – comme elle est belle!»