Über sieben Jahre tobt er nun schon, der Krieg in Syrien. Fast ebenso lange führt die Caritas den parallelen Kampf um mehr Unterstützung für die unter dem Krieg leidende Zivilbevölkerung.
In einem kleinen Konferenzraum im hintersten Winkel eines Berner Tagungshotels informierte die Hilfsorganisation heute über die aktuelle Situation in Syrien und seinen Nachbarländern. Der Ort passt zur Botschaft. Denn aus Sicht der Caritas ist Syrien auch in der öffentlichen Wahrnehmung in der Schweiz bloss ein Nebenschauplatz. Auf seinem zweiwöchigen Besuch im Kriegsland sei an ihn von Seiten der Bevölkerung immer wieder dieselbe Bitte herangetragen worden, sagt Caritas-Direktor Fasel. «Vergesst uns nicht!»
«Cassis denkt ja nicht einmal daran!»
Ein Appell, den die Caritas an die Schweizer Politik weitergibt, insbesondere an Aussenminister Ignazio Cassis. Dieser müsse sich bei Treffen mit Politikern anderer Staaten viel stärker für Syrien-Hilfe einsetzen, fordert Fasel mit Nachdruck.
Als Beispiel nennt der Caritas-Direktor den Amtsbesuch Cassis' diese Woche in China. Die Riesen-Republik leiste, so die Caritas, wie auch Russland nur sehr selektive Unterstützung, was die Hilfe für die Zivilbevölkerung und die Flüchtlinge anbelange. Fasel ist erzürnt: «Cassis könnte sich auch einmal bei den Chinesen dafür starkmachen. Aber hat er schon je einmal auf einem Staatsbesuch etwas zu Syrien gesagt? Der denkt ja nicht einmal daran!»
Cassis habe Syrien nicht einmal auf dem Radar, wirft der Caritas-Chef dem Aussenminister vor. Erst aufgrund des Engagements von Hilfsorganisationen wie der Caritas habe er «bemerkt, dass es Syrien überhaupt gibt».
Der Fokus von Cassis: die EU
Tatsächlich hat sich der FDP-Bundesrat seit seiner Amtseinsetzung Anfang November bislang vor allem mit einem Thema beschäftigt: der EU. Amtsbesuche führten ihn schon in die Hauptstädte der drei grössten EU-Staaten Italien, Deutschland und Frankreich (Austrittsland Grossbritannien ausgenommen) – und nun schliesslich nach China.
Erst kürzlich hat er in Bern allerdings den Präsidenten der aussenpolitischen Kommission des türkischen Parlaments getroffen. Im Gespräch soll es auch um die international äusserst umstrittene türkische Militäroffensive im Norden Syriens gegangen sein.
Schweiz investierte über 300 Millionen in Syrien-Hilfe
Grösser ist das finanzielle Engagement der Schweiz für Syrien. Seit Beginn des Bürgerkriegs hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit im Jahresschnitt etwa 50 Millionen für Syrien-Hilfe ausgegeben. Auch das ist aber viel zu wenig, findet die Caritas. Sie fordert eine Verdopplung des Budgets auf 100 Millionen Franken jährlich.
Nebst einer Aufstockung der Hilfsgelder kämpft die Caritas zudem dafür, dass syrische Flüchtlinge grosszügiger in der Schweiz aufgenommen werden und häufiger die Härtefallregelung zum Zug kommt. Denn die Caritas ist überzeugt: Die Situation wird sich in Syrien so rasch nicht verbessern. Deshalb bräuchten Syrer in der Schweiz nun vor allem eins: langfristige Perspektiven.