Dem Höhenflug der Blocher-Partei droht das Ende
SVP gerät aus dem Takt

Vieles deutet darauf hin, dass die SVP bei den anstehenden Wahlen aufs Dach bekommt. Migrations- und Ausländerfragen haben keine Hochkonjunktur und die Volkspartei kämpft mit Personalproblemen.
Publiziert: 21.02.2019 um 23:19 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2019 um 08:51 Uhr
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Unter Druck: SVP-Präsident Albert Rösti (r.) und Partei-Übervater Christof Blocher (M.) droht im Herbst eine Wahlniederlage. Auch weil wichtige Zugpferde wie Toni Brunner (l.) der Politik den Rücken kehrten.
Foto: Keystone
Nico Menzato

Die SVP ist im Formtief – und sie zittert. In einem Monat findet mit der Wahl in Zürich der ultimative Test für den eidgenössischen Urnengang im Oktober statt. Vieles deutet darauf hin, dass die Volkspartei in ihrer Hochburg Federn lassen muss. Ebenso eine Woche später in den Kantonen Luzern und Basel-Landschaft.

Bei den Nationalratswahlen 2015 hatte die SVP mit 29,4 Prozent einen historisch hohen Wähleranteil erzielt. Seither geht es abwärts. Laut dem am Donnerstag veröffentlichten SRG-Wahlbarometer käme die Blocher-Partei heute noch auf 27 Prozent – ein Minus von für Schweizer Verhältnisse hohen 2,4 Prozentpunkten. Der Abwärtstrend hält an; gemäss Umfragen verliert die Partei seit 2015 je länger, je stärker.

Zuwanderung verliert an Brisanz

Ein Grund dafür ist, dass die wichtigsten Themen der Rechtspartei – Ausländer und Migration – derzeit nicht ziehen. Die Asylzahlen sinken stetig, ebenso die Einwanderung aus der EU.

Entsprechend erachtet heute nur noch jeder vierte Schweizer «Zuwanderung und Ausländer» als politische Herausforderung. Das ehemalige Top-Thema ist auf den fünften Rang abgerutscht. Und: Nur für 18 Prozent sind Ausländerfragen auch relevant für den Wahlentscheid. Vor vier Jahren war dies wegen der Flüchtlingskrise und dem Kampf um die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative ganz anders – das spielte der Sünneli-Partei voll in die Hände.

Auch hat die SVP in den letzten Monaten mit ihrem Kampf gegen das EU-Rahmenabkommen ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal verloren. Seit der fertig ausgehandelte Vertrag vorliegt, haben alle grossen Parteien von links bis rechts Vorbehalte – wenn auch aus anderen Gründen.

Klimastreiks nur «Hysterie»

Bei jenen Themen, die der Bevölkerung derzeit stark unter den Nägel brennen, hat die SVP kaum Rezepte. Die Klimastreiks tut SVP-Chef Albert Rösti (51) als «momentane Hysterie» ab. Gegen die steigenden Krankenkassenprämien steigen SP und CVP mit Volksinitiativen in den Ring, von der grössten Partei kommt neben Forderungen, den Leistungskatalog zusammenzustreichen, reichlich wenig.

Auffällig auch: Die einstige Anziehungskraft von Blocher und Co. auf die Jungen ist verloren gegangen. Bei den 18- bis 25-Jährigen schneidet die Rechtspartei laut Wahlbarometer nur noch etwa gleich ab wie FDP, SP und Grüne. Kein erfolgsversprechendes Zeichen für die Zukunft!

Die Volkspartei scheint auch das Gespür für das Volk verloren zu haben. Rösti ist der erfolgloseste SVP-Präsident bei Volksabstimmungen, bei denen die SVP gegen die Mehrheit des Parlaments antrat, wie eine BLICK-Analyse zeigte. Einen Grosserfolg an der Urne in dieser Legislatur? Fehlanzeige! Obwohl weiterhin unangefochten die Nummer eins, ist die SVP auf dem Weg, sich ein Loser-Image zu verpassen.

Wer ersetzt Zugpferde wie Amstutz oder Brunner?

Für die Wahlen im Herbst hat die SVP zudem ein Personalproblem: Wichtige Zugpferde wie der langjährige Präsident und Fraktionschef, Toni Brunner (44) und Adrian Amstutz (65) verliessen oder verlassen die Politik-Bühne. Partei-Übervater Christoph Blocher (78) hat sich in die Anti-EU-Schlacht verabschiedet und ist in der Partei operativ nicht mehr tätig. Und die meisten der Neo-Parlamentarier zünden nicht wie erhofft.

Auch wird Bundesrat Guy Parmelin (59) kaum zum Hoffnungsträger, um in der Romandie zuzulegen. Für die Schweizer ist laut Wahlbarometer sonnenklar, dass der Wirtschaftsminister von allen Magistraten den geringsten Einfluss hat.

Beim anstehenden Urnengang im Kanton Zürich hätte die SVP eigentlich ein Zugpferd, um so richtig mobilisieren zu können. Nationalrätin Natalie Rickli (42) kandidiert für die Regierung. Da ihre Wahl allerdings ungefährdet scheint, blieb der Wahlkampf bislang flau und die beliebte SVP-Strahlefrau betont zurückhaltend.

Deshalb könnte es für die SVP ein ähnliches Debakel absetzen, wie bei den Wahlen in den Städten Zürich und Winterthur vor einem Jahr. Es wäre ein mächtig missglückter Startschuss ins Wahljahr für die arg gebeutelte SVP.

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