Comeback des SVP-Vordenkers
Christoph Mörgeli (58) will zurück in den Nationalrat

Vor vier Jahren wurde der SVP-Vordenker überraschend abgewählt. Jetzt nimmt Christoph Mörgeli (58) einen neuen Anlauf. Er will für die Rechtspartei wieder in die grosse Kammer.
Publiziert: 20.04.2019 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2019 um 16:33 Uhr
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Möchte wieder in den Nationalrat: Christoph Mörgeli.
Foto: zvg
Marcel Odermatt
Marcel OdermattBundeshausredaktor

Nach der überraschenden Rückkehr von Toni Brunner (44) als Wahlkampfchef in St.Gallen meldet sich just an ­Ostern das nächste Schwergewicht der SVP im Ring zurück. SonntagsBlick weiss: Christoph Mörgeli, der 2015 die Wiederwahl in den Nationalrat verpasste, möchte im Herbst wieder in die grosse Kammer einziehen.

«Ja, ich habe mich diese Woche um einen Sitz auf der Nationalratsliste beworben», bestätigt Mörgeli. Anfang Woche teilte der heutige «Weltwoche»-Journalist seine Ambitionen in einem Brief der SVP des Kantons Zürich mit.

Kurs nicht den grünen Wahlsieger angleichen

Zu seinem Beschluss, es nochmals zu versuchen, habe ihn das Formtief der Partei bewogen. «Mein Entscheid zur Wiederkandidatur hängt eng zusammen mit dem schlechten Abschneiden der Zürcher SVP anlässlich der letzten Kantonsratswahlen.» Für die Partei sei es von «existenzieller Bedeutung», ihren Kurs nicht dem der grünen Wahlsieger anzugleichen. Die SVP müsse «deren für unsere Unabhängigkeit, Wohlfahrt und Freiheit verderbliche Politik mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen».

Mörgeli weiter: «Ich erlaube mir, auf meine politische Erfahrung, meine Linientreue, meinen Kampfgeist und meine Ausdrucksmöglichkeiten in Wort und Schrift hinzuweisen.» Gleichzeitig hätten ihn gesundheitliche, berufliche und politische Rückschläge «sicher auch überlegter, bedachtsamer und abgeklärter gemacht».

Arbeitskonflikt mit der Universität Zürich

Ein wichtiger Grund für Mörgelis Abwahl vor vier Jahren war der Arbeitskonflikt mit der Universität Zürich. In seinem Brief betont der geschasste Professor, das Verwaltungsgericht des Kantons habe «leider erst kurz nach den Wahlen» festgestellt, dass die Hochschule ihm «nach fast 28-jähriger Tätigkeit in formeller wie materieller Hinsicht unrechtmässig gekündigt» habe. Der Kündigungsgrund mangelhafter Leistung sei als «treuwidrig gewertet» worden. 59 Doktorabeiten habe man geprüft, niemand musste seinen Doktortitel zurückgeben.

Ob die SVP-Wähler bereit sind, Mörgeli nochmals ins Bundeshaus zu entsenden? Zunächst muss er in jedem Fall parteiinterne Hürden nehmen. Am 21. Mai berät der Vorstand der kantonalen SVP über die Kandidatenliste, eine Woche später folgt die entscheidende Delegiertenversammlung.

Mörgeli verspricht einen aktiven Wahlkampf

Sicher ist: Nicht alle in der Partei dürften diese zusätzliche Kon-kurrenz begrüssen. Aus heutiger Sicht ist mehr als fraglich, ob die SVP alle bisherigen zwölf Mandate halten kann. Kein Wunder, ist die Nervosität unter den Nationalräten gross.

Es gibt aber auch Persönlichkeiten in der Partei, die sich für eine erneute Kandidatur von Mörgeli starkmachen. Barbara Kluge (59), Mitglied des kantonalen Parteivorstands: «Christoph Mörgeli hat sich unermüdlich, auch nach seiner Abwahl, für die Partei eingesetzt. Jemand mit so viel politischer Erfahrung gehört nach Bern.»

Im Schreiben verspricht der langjährige Programmchef der SVP einen «aktiven Wahlkampf zu führen». Wer Mörgeli kennt, der weiss: Das ist durchaus als Drohung zu verstehen.

Geschichte wird geklittert

Dieses Wortspiel konnte sich Pascal Couchepin nicht verkneifen: «Fast hätte ich Doktor Mörgele gesagt, natürlich meine ich aber Mengele.» Geäussert hatte der damalige Bundespräsident Couchepin die Geschmacklosigkeit am 1. Februar 2008 an der Sitzung der nationalrätlichen Wissenschaftskommission. Das Gremium beriet damals den Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen. Der Medizinhistoriker und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli war Mitglied der Kommission – und Josef Mengele hatte während des Dritten Reichs als SS-Arzt im Konzentrationslager Auschwitz Tausende Menschen ermordet.

Der Mengele-Mörgele-Vergleich interessiert nur noch Historiker – doch gerade ein Historiker stellt die Episode jetzt falsch dar. In der Neuausgabe des von Urs Altermatt herausgegebenen «Bundesratslexikons» schildert Pierre Ducrey den Vorfall so, als sei Couchepin lediglich ein Versprecher unterlaufen. Dabei hatte Mörgeli 2008 Tonaufnahmen der Kommissionssitzung öffentlich gemacht. Daraus ging klar hervor: Couchepin hatte den Scherz mit Absicht und zur Belustigung vieler Anwesenden gemacht.

Dieses Wortspiel konnte sich Pascal Couchepin nicht verkneifen: «Fast hätte ich Doktor Mörgele gesagt, natürlich meine ich aber Mengele.» Geäussert hatte der damalige Bundespräsident Couchepin die Geschmacklosigkeit am 1. Februar 2008 an der Sitzung der nationalrätlichen Wissenschaftskommission. Das Gremium beriet damals den Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen. Der Medizinhistoriker und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli war Mitglied der Kommission – und Josef Mengele hatte während des Dritten Reichs als SS-Arzt im Konzentrationslager Auschwitz Tausende Menschen ermordet.

Der Mengele-Mörgele-Vergleich interessiert nur noch Historiker – doch gerade ein Historiker stellt die Episode jetzt falsch dar. In der Neuausgabe des von Urs Altermatt herausgegebenen «Bundesratslexikons» schildert Pierre Ducrey den Vorfall so, als sei Couchepin lediglich ein Versprecher unterlaufen. Dabei hatte Mörgeli 2008 Tonaufnahmen der Kommissionssitzung öffentlich gemacht. Daraus ging klar hervor: Couchepin hatte den Scherz mit Absicht und zur Belustigung vieler Anwesenden gemacht.

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